Anzeige

Mit Bad Gastein assoziiert man in der Regel als erstes den weltbekannten imposanten Gasteiner Wasserfall, der sich lautstark mitten durch den Ort ins Tal stürzt. Und dann sind da natürlich auch die vielen Hotels und Villen, die in der sogenannten Belle Èpoque an den bewaldeten Steilhängen gebaut wurden und der „Haute Volee“, der Kur- und Wintersportgäste ein fast schon mondändes Zuhause auf Zeit während ihres (Kur-)Aufenthalts bot. Nach einer Krankenkassenreform im Jahre 1997 wurde es auf einen Schlag ruhig in dem Ort inmitten des Nationalparks „Hohe Tauern“ südlich von Salzburg. Viele Hotels hatten schwer zu kämpfen, denn ein Großteil der Kurgäste blieb aus. Auch das Hotel Weismayr, das stets als eines der gehobenen Häuser galt, blieb von dieser Krise nicht verschont, das genau in seiner schwersten Zeit von dem heutigen Besitzer Thomas Tscherne und seiner Frau Rosina übernommen wurde.

Thomas Tscherne – der Hirschflüsterer von Bad Gastein

Nun ist Thomas Tscherne aber nicht „nur“ ein Hotelier. Schon beim reinen Anblick des Bad Gasteiner Urgesteins fällt auf, dieser Mann ist etwas Besonderes. In der „Hirschledernen“, die langen Haare zum Zopf gebunden, der lange Bart stets zersaust und mit einem verschmitzten Lächeln begrüßt er seine Gäste.

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Neben ihm seine Frau Rosina, sportlich elegant in Loden und mit einem Lachen, als ob wir uns schon ewig kennen. Wer aber glaubt, uns steht „nur“ ein Hoteliersehepaar entgegen – weit gefehlt. Der Hirschflüsterer Thomas Tscherne – so wird er liebevoll genannt, nimmt uns mit auf seine tägliche Fütterung hoch oben im Bad Gasteiner Nationalpark.

Lebensretter für das Rotwild

Seit über 20 Jahren ist Tscherne Pächter der Jagd im Angertal, zu der die 1100 Hektar von der Gadauner Hochalm gehören und ebenfalls seit über 20 Jahren füttert Thomas Tscherne auf rund 1.700m Seehöhe hier das majestätische Rotwild, dass er mit viel Ruhe, Beharrlichkeit und Liebe für die Zeit der Fütterungen an sich gewöhnt hat.

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Circa 80 Prozent der Hirschkühe sind trächtig, im Mai und Juni werden sie ihre Kälber auf die Welt bringen. Finden sie im Winter nicht ausreichend zu fressen, dann bedeutet das das Todesurteil für Mutter und Kalb. Vor allem in einem Winter wie in diesem Jahr, in dem sich das Rotwild durch brusthohen Schnee kämpfen muss, der irgendwann so hart wird wie Beton.

Die Beharrlichkeit eines Lebensretters

Die Fütterung auf Höhe der Gadauner Alm existiert mittlerweile seit über 50 Jahren. Der Tourismus und die sich ausbreitende Infrastruktur sorgte schon damals für eine immer stärker werdende Verdrängung und Minimierung ihres Lebensraumes. „Tiere haben keinen Besitzer und sind für ihre Nahrung selber verantwortlich“ so heißt es, im Winter ist das allerdings heutzutage nicht mehr möglich. 14 Jahre lang ist Thomas Tscherne, der früher als Berufspilot in Kanada gearbeitet hat, mit dem Heli geflogen, dann entschloss er sich auf eigene Kosten einen Weg zur Alm zu errichten.

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rund 250.000 Euro hat diese Maßnahme gekostet. Bezahlt hat sie der Hirschflüsterer aus eigener Tasche. Drei Jahre lang ging Thomas Tscherne tagtäglich den langen Weg von der Talstation zum Angertal hinauf. Die ersten Winter bekamen die Fütterer sie kein einziges Mal zu Gesicht. Zu groß waren ihre Angst und ihr Misstrauen. Die Tiere kamen zum Fressen nur in der Nacht. Aber Thomas Tscherne und seine Familie machte immer weiter. Sie kamen immer zur gleichen Zeit und gewöhnten sie mit lauten Selbstgesprächen und dem Lockruf „Hirscherl“ an ihre Stimmen.

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Stundenlang verbrachte Thomas Tscherne auf dem Boden sitzend, damit sie sich an ihn gewöhnen. Fünf Jahre schließlich dauerte es, bis sie sich an ihn gewöhnt hatten und langsam näher kamen.

Exquisites Futter als Lebensgrundlage für den Winter

Rund 200 Tonnen Futter verspeist das Rotwild pro Winter. Insgesamt rettet Familie Tscherne rund 150 Stück Rotwild pro Winter das Leben. Gefüttert wird eine Mischung aus feinstem Luzernenheu, Maissilage und getrocknetem Apfeltrester. Auch die Futterkosten bezahlt Thomas Tscherne aus eigener Tasche. Übrigens genau wie die Helikopterflüge, mit denen das Futter früher auf den Berg geflogen wurde! Pro Winter fallen Futterkosten von rund 70.000 Euro an. Gelagert wird das Futter in einer Scheune, auch die hat Familie Tscherne übrigens aus eigener Tasche bezahlt.

Massiver Druck gegen die Fütterungen seitens der Bundesforste

Wer jetzt aber denkt, dass somit alles in Ordnung ist im Gasteiner Tal – weit gefehlt. Thomas Tscherne erfährt mit seiner Fütterung nicht nur Zustimmung. Im Gegenteil. Während er von Einwohnern und Gästen jede Menge Zustimmung bekommt, wird er von den österreichischen Bundesforsten und sogar Kollegen aus der eigenen Jägerszunft hart kritisiert und bekämpft.

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

So läuft derzeit zum Beispiel ein Gerichtsverfahren, in dem ihm seitens der Bundesforste der Zugang über seinen eigenen Weg verboten werden soll. Der Grund: Per Gesetz wird eifrig daran gearbeitet, immer mehr Fütterungen aufzulassen. Gab es früher in Österreich noch 80 Futterstellen, sind es heute gerade noch einmal 15 existierende Stellen. Aber wo soll das Rotwild hin? Und wie soll es im Winter überhaupt noch überleben?

„Früher zog das Rotwild im Winter ins Tal, von dort haben wir es immer weiter hinaufgetrieben“, so erzählt Thomas Tscherne. Und ergänzt: „Aber auch hier hatte es keine Ruhe vor uns Menschen, denn die Skifahrer zog es immer weiter hinauf und so wurde ihr Lebensraum wieder enger.“ Mittlerweile haben sie kaum mehr Ruhe, denn mit dem immer stärker werdenden Skitourismus und der Rücksichtslosigkeit und Ignoranz vieler Tourengeher wird das Wild im Winter immens gestört.

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Vor allem bei Schneemassen wie aktuell, ist so etwas lebensbedrohlich. Kritisiert werden die Fütterungen auch als Eingriff in die Ökologie. „Man solle keine wilden Tieren füttern, denn dann würden sie sich überdimensional vermehren“, so heißt es. Aber ist das wirklich wahr? Ist es nicht vielmehr so, dass wir den Tieren immer mehr Lebensraum weggenommen haben und sie kaum noch Futter finden?

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Rotwildfütterung in Bad Gastein mit Hirschflüsterer Thomas Tscherne

Und dass es den Bundesforsten in Österreich – übrigens gleichermaßen wie den Staatsforsten in Deutschland nicht eigentlich in erster Linie um die Holzindustrie und das damit zu verdienende Geld geht? Rotwild, das zum Überleben – und weil es das übrigens seit Jahrhunderten schon tut… Bäume anknabbert, steht da natürlich buchstäblich im Weg, oder?

Weitere Infos rund um dieses Thema findet Ihr hier

Infos über Wildtiere & Co…: wildes-bayern.de
Familie Tscherne und das Hotel Weismayr: Weismayr – Traditionshotel in Bad Gastein

Weiter geht es in den nächsten Tagen mit einem ausführlichen Interview mit Thomas Tscherne und weiteren spannenden, interessanten und teils sehr erschreckenden Informationen über Wildtierfütterungen & Co.

Erhalte unseren be-outdoor.de Newsletter

Jeden Sonntag neu - Die besten Outdoor-Tipp

Registriere dich für unseren kostenlosen Newsletter und verpasse keine Neuigkeiten mehr. Mit regelmäßigen Gewinnspielen und vielen tollen Outdoor-Tipps.