Bereits seit 2003 gibt es den Montane Yukon Arctic Ultra (MYAU), das kälteste und härteste Rennen der Welt. Austragungsort ist das kanadische Yukon Territory und mögliche Disziplinen sind Laufen, Skilanglauf und Fatbiken. Seit 2013 führt Dr. Mathias Steinach vom Zentrum für Weltraummedizin Berlin, der Charité, im Rahmen des MYAU eine medizinische Studie durch.
Teilnehmerinnen aus der ganzen Welt kommen jedes Jahr nach Whitehorse, um auszuloten, wo ihre Grenzen sind. Als Distanzen stehen ihnen dabei ein Marathon, 100, 300 und – jedes zweite Jahr – 430 Meilen zur Verfügung. Die kälteste, jemals gemessene Temperatur während des Rennens, war – 57° Celsius.
Im Fokus stehen dabei die Athleteninnen über die 430 Meilen-Strecke. In einer Kooperation mit der Universität Fairbanks aus den USA konnten zahlreiche Daten erhoben und ausgewertet werden. Mehrere Artikel zur Studie wurden bereits veröffentlicht und die Untersuchungen finden nach wie vor alle zwei Jahre statt. Die Erkenntnisse sind sehr spannend für zukünftige, sehr lange Missionen im Weltraum. Aber auch Fans von Ausdauersport und Abenteuern im Winter können von den Ergebnissen der Studie profitieren.
Zusammen mit Montane haben wir Dr. Steinach ein paar Fragen zum Thema Sport und Abenteuer in der Kälte gestellt:
Montane: Herr Dr. Steinach, zusammengefasst, was sind bisher die wichtigsten Erkenntnisse Ihrer
Studie?
Dr. Steinach: Dass der Montane Yukon Arctic Ultra wirklich extreme Anforderungen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellt. Wir konnten zeigen, dass die Studienteilnehmer erhebliche Mengen an Körpermasse verlieren, weil nur ein Teil der Energie aus der Nahrung bezogen werden kann. Man könnte salopp formulieren, die Athletinnen und Athleten können gar nicht so viel essen, wie sie verbrennen.
Interessanterweise bleibt die Muskelmasse dabei größtenteils erhalten und der Fettstoffwechsel wird erheblich angekurbelt. Der Energieverbrauch beruht dabei nicht auf einer hohen Intensität, wie bei anderen Sportarten, sondern vielmehr auf der kontinuierlichen Dauerbelastung. Die Kälte hat natürlich auch noch einen Einfluss auf den gesteigerten Energieumsatz. Zudem zeigen sich Zunahmen der Ausschüttung von sogenannten Myokinen.
Das sind Botenstoffe, die die Muskulatur generiert und die wie Hormone auf den Körper wirken können. Ein Teil dieser Myokine steigert die Wärmebildung des sogenannten braunen Fettgewebes, was rein nur der Wärmeproduktion dient und erst vor einigen Jahren auch bei erwachsenen Menschen dargestellt werden konnte. Insgesamt zeigen sich sehr spannende Anpassungsvorgänge und wozu der menschliche Körper in der Lage ist.
Montane: Welche Aspekte sind aus Ihrer Sicht relevant für Ausdauersport und sportliche Anstrengung im Winter bei nicht ganz so extremen Minusgraden?
Dr. Steinach: Sicherlich, dass bei nicht ganz so extremen Temperaturen das Fenster für Fehler etwas größer wird. Der Yukon Arctic Ultra ist aufgrund seiner Länge und den extrem tiefen Temperaturen eine absolute Ausnahme. Sehr selten werden Sportlerinnen und Sportler im Winter derartige Strecken zurücklegen oder solche Tiefsttemperaturen erleben.
Bei nur -10°C oder -15°C wird das Bekleidungsmanagement einfacher und ingesamt die Belastung geringer sein. Dennoch werden auch hier trainierte und an Kälte angepasste und vor allem erfahrene Athletinnen und Athleten Vorteile haben.
Montane: Welche Rolle spielen mentale Stärke und Einstellung?
Dr. Steinach: Eine extrem große! Letztlich kann man festhalten, dass der Körper dem Geist folgt. Wenn dieser vorgibt, dass man weiterläuft, dann geht es auch. Natürlich muss man gesund und frei von Verletzungen sein. Aber Erfahrung und Willensstärke sind bei diesem Lauf wichtiger als der körperliche Trainingszustand.
Montane: Können Sie aus medizinischer Sicht erklären, warum manche Teilnehmerinnen Kälte, Anstrengung und Schlafmangel so viel besser wegstecken als andere?
Dr. Steinach: Wie schon angesprochen spielen die mentale Stärke und Willenskraft eine Rolle. Wir sind gerade dabei, einige Aspekte dazu auszuwerten, die die sogenannte Resilienz, also die Widerstandskraft betreffen. Wir gehen davon aus, dass die erfolgreicheren Athletinnen und Athleten hier Vorteile besitzen.
Des Weiteren spielt die Erfahrung eine Rolle, solche Läufe bereits absolviert zu haben und die nötigen Fähigkeiten zu besitzen, in dieser Umgebung gut zurecht zu kommen. Zuletzt spielen auch schlichte physiologische Aspekte eine Rolle, zum Beispiel wie gut der Körper Wärme generieren und die Körpertemperatur regulieren kann.
Montane: Wie kann ich es schaffen, bei schwankender Anstrengung trotzdem ein Maximum an Komfort zu erhalten bzw. ein zu starkes Absinken der Körpertemperatur zu verhindern?
Dr. Steinach: Hier spielt in der Tat wieder die Erfahrung eine Rolle, ein gutes Kleidungsmanagement zu haben und antizipieren zu können, ob es bald zu warm wird und eine Kleidungsschicht auszuziehen, um Schwitzen zu vermeiden.
Oder ob es bald kühler wird und man besser eine neue zulegt, um Auskühlung und damit Energieverlust zu verhindern. Insofern ist es auch ratsam, eine eher gleichmäßige Fortbewegung zu erreichen und zu häufige Kleidungswechsel zu vermeiden.
Montane: Wie wichtig ist es, möglichst wenig zu schwitzen bzw. trockene Kleidung zu haben?
Dr. Steinach: Dies ist immens wichtig. Zu Schwitzen bedeutet in dieser Umgebung bei -40°C oder -50°C, dass sehr schnell Wärme verloren gehen kann, insbesondere, wenn plötzlich noch starker Wind hinzukommt. Daher sollte man von vornherein vermeiden, ins Schwitzen zu geraten. Erfahrung und ein kluges Kleidungsmanagement sind hier wichtig.
Montane: Stimmt es, dass wir enorm viel Wärme über den Kopf verlieren und daher die richtige Kopfbedeckung absolut essentiell ist?
Dr. Steinach: Diese Ansicht stammt aus alten Studien aus den 1950-er Jahren. Neuere Studien haben gezeigt, dass nur relativ wenige Wärme über den Kopf bzw. die Stirn verloren geht. Der Kopf ist natürlich zwar gut durchblutet aber macht nur circa 7 % der Körperoberfläche aus und nur unwesentlich mehr, also 8-10 % der Wärme geht über den Kopf verloren.
Jedoch ist das Tragen einer Mütze und eines Gesichtsschutzes dennoch wichtig, da insbesondere bei den tiefen Temperaturen Nordkanadas die sogenannten Akren, also hervorstehende Körperpartien, wie Ohren, Nase sehr schnell auskühlen und zu Erfrierungen neigen können.
Montane: Wie wichtig sind Trinken und Ernährung auch bei kürzeren Belastungsdauern von zum Beispiel 6 bis 8 Stunden? Wie sieht bei mehrtägiger Belastung die richtige Ernährung aus und wie viel Flüssigkeit sollte man zu sich nehmen?
Dr. Steinach: Bei einer kürzeren Tagestour von sechs bis acht Stunden sind Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zwar wichtig, aber im Vergleich zu langen Touren von eher untergeordneter Bedeutung, da für einen solchen kürzeren Zeitraum der Körper genügend Reserven hat.
Natürlich ist es wichtig ausreichend Flüssigkeit mit sich zu führen und diese nach Möglichkeit unterwegs auffüllen zu können. Der Anstrengungsgrad, die Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Sonneneinstrahlung, Wind, Niederschlag etc. und die Bekleidung haben natürlich einen großen Einfluss auf den Flüssigkeitsverbrauch und den Energiebedarf.
Bei längeren Touren von mehreren Tagen oder Wochen, insbesondere in sehr kalter Umgebung erfordern hingegen eine Planung der Energie- und Flüssigkeitszufuhr. Bei unseren Untersuchungen konnten wir feststellen, dass der Energieumsatz auf das circa vierfache des Ruhebedarfs oder sogar darüber ansteigt, was für einen jungen Mann einen Verbrauch von über 30 Megajoule pro Tag bedeutet.
Eine gestaffelte Zufuhr, z.B. von kleinen Essensportionen, die alle halbe Stunde eingenommen werden, kann helfen, diese Energiezufuhr sicherzustellen. In der Kälte ist der Flüssigkeitsbedarf dadurch gesteigert, dass insb. über die Ausatemluft viel Flüssigkeit verloren geht, da die tiefkalte Luft sehr trocken ist. Insgesamt ist der Flüssigkeitsverlust jedoch weit geringer als bei Ultraläufen in der Hitze.
In der Kälte hingegen kann auch die Flüssigkeitszufuhr dafür genutzt werden, dem Körper Energie zuzuführen, z.B. indem Kakao statt Tee getrunken wird.
Montane: Ist es auch für Wintersportler, die maximal einen Tag in der Kälte sind, gut, gewisse Fettreserven zu haben?
Dr. Steinach: Für nur einen Tag in der Kälte spielt es eher keine oder nur eine geringe Rolle. Aber bei einem Lauf wie dem Yukon Arctic Ultra, wo man bis zu zwei Wochen in der extremen Kälte unterwegs ist, kann es von Vorteil sein, sich ein zusätzliches Fett- und damit Energiepolster zugelegt zu haben.
Man kann hier auch von einem umgekehrten Jojo-Effekt sprechen. Der Jojo-Effekt ist für Viele bei einer Diät die frustrierende Erscheinung, dass ein kurzfristiger Gewichtsverlust bei einer Diät bald wieder verschwunden ist, wenn man zur gewohnten Ernährungsweise zurückkehrt, eben weil Energiestoffwechsel und Nahrungszufuhr im Körper langfristig geregelte Vorgänge sind, die einer entsprechend langfristigen Intervention und Anpassung bedürfen, wenn es zu einer nachhaltigen Veränderung des Gewichts kommen soll.
Das Umgekehrte sehen wir beim Yukon Arctic Ultra: eine kurzfristige vorherige Zunahme wird während des Laufs aufgebraucht und hinterher sind die Läuferinnen wieder bei ihrem normalen Gewicht.
Montane: Gibt es bei mehrtägigen Aktivitäten ein optimales Verhältnis zwischen Anstrengung und Ruhephase bzw. Schlaf?
Dr. Steinach: Das ist für jeden doch sehr verschieden, da die individuellen Unterschiede dominieren, so wie auch schon unter normalen Bedingungen manche Menschen mit sechs Stunden Schlaf gut auskommen während andere ihre acht Stunden benötigen.
Wir haben bei unserer Studie bislang gefunden, dass der Schlaf beim Yukon Arctic Ultra deutlich vermindert ist. Einige der Auswertungen stehen noch aus, aber die Schlafdauern sind deutlich vermindert. So schlafen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Trail teilweise nur zwei bis drei Stunden.
Ursache dafür ist natürlich die Dauerbelastung, die Kälte und der damit einhergehende Stress. Dies zusammen mit dem Energiedefizit zeigt, dass eine solche Belastung nur für einen begrenzten Zeitraum aufrecht erhalten werden kann.
Montane: Es gibt Winter-Ausdauersportler die mehrere Tage ohne Schlaf eine Top-Leistung abrufen können. Was haben diese Menschen, was andere nicht haben?
Dr. Steinach: Da sind wir wieder bei dem Punkt Resilienz, also insbesondere der mentalen Widerstandsfähigkeit, was Gegenstand aktueller Forschung ist. Es ist das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit auch schwierige Situationen meistern zu können, ohne dabei leichtsinnig oder übermütig zu sein.
Wenn sich diese Resilienz dann noch mit Erfahrung um den eigenen Körper und der Umgebungsbedingungen kombiniert, sowie mit körperlicher Trainiertheit, einem individuell angepassten Kleidungs- und Ernährungsmanagement und die Athletinnen und Athleten fit und gesund sind, dann kann man auch mit nur geringem Schlaf unter solch extremen Bedingungen wie dem Yukon Arctic Ultra diese Top-Leistungen abrufen.
Eine hervorragende Möglichkeit, sich bei Kälte vor den Elementen zu schützen und dabei gleichzeitig ein optimales Körperklima zu erhalten, ist das neue GORE-TEX Pro Most Breathable. Bei Montane diese Membrane in der neuen Alpine Resolve Jacke und der Alpine Resolve Hose verarbeitet.
Für alle, die’s gerne hart mögen: Die Alpine Resolve Jacke ist eine robuste und besonders atmungsaktive Mountain-Shell. Sie verfügt zudem über eine ganze Bandbreite an ausgeklügelten Details für alpine Winterabenteuer.
Der Stoff ist eine Kombination 40 Denier und 80 Denier GORETEX Pro Most Breathable. Der Schnitt ist besonders bewegungsfreundlich und so dimensioniert, dass ohne Probleme mehrere wärmende Schichten darunter passen.
Sie ist damit perfekt geeignet für winterliche Unternehmungen wie Eisklettern, Skitouren oder Bergsteigen in Schnee und Eis.
Passend Jacke gibt es die Alpine Resolve Hose. Auch hier stehen
Robustheit und optimale Atmungsaktivität im Vordergrund. Dazu
kombiniert natürlich alle Ausstattungsmerkmale, die man von
einer vielseitigen Shell für herausfordernde Winterabenteur in
den Bergen erwartet.
Montane ist ein britisches Unternehmen, das leichte, atmungsaktive und qualitativ hochwertige Bekleidung für Expeditionen, Bergsportler und Ultra-Athleten herstellt. Das Unternehmen wurde vor über 25 Jahren gegründet und arbeitet eng mit führenden Athleten der Disziplinen Expeditionen, Bergsport, Ultra-Trail Running und Outdoor-Marathon zusammen.
Montane unterstützt verschiedene Ultra Distance Events der Spitzenklasse und engagiert sich bei innovativen Alpin- und Polarexpeditionen. Die Produkte von Montane werden von den führenden Fachhändlern der Outdoor-, Lauf- und Radsportbranche in über 40 Ländern weltweit vertrieben.
Weitere Infos findet Ihr auf montane.co.uk…
Quelle: Johannes Wessel (Outdoorrelations)
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