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Vor rund vier Wochen kam sie durch unsere Berichte ans Tageslicht – die von einigen Betroffenen so vehement bestrittene „Kiesgrubenaffäre“ aus dem Berchtesgadener Land. Mühsam hervorgeholt (recherchiert) zwischen Autoreifen, Altmetallen, und möglicherweise für das Grundwasser ziemlich problematischen Stoffen. Verborgen hinter einer Mauer des Schweigens – bislang jedenfalls. Denn jetzt zeigen sich dort erste Risse, sprechen immer mehr Eingeweihte (meist noch hinter vorgehaltener Hand), werden vertrauliche Einblicke in offizielle Dokumente gewährt, werden wir bestärkt nicht nachzulassen und weiter zu recherchieren.

Kiesgrubenaffäre im BGL (c)privat

Kiesgrubenaffäre im BGL (c)privat

Stellungnahmen der Betroffenen

Und, es gibt jetzt auch endlich Stellungnahmen der Betroffenen – leider mit einer Ausnahme. Einer der Hauptpersonen – von uns bislang nur als der „Recyclingunternehmer“ bezeichnet – Matthias Moosleitner, entschloss sich sein Schweigen zu beenden und war bereit mit uns persönlich zu sprechen. Ebenso sein Kontrahent, der betroffene Kiesgrubenbesitzer, Stefan Heinz.

Nur ein Verantwortlicher, obwohl er eine gesetzliche Auskunftspflicht gegenüber Journalisten hat, schweigt – allerdings nur uns gegenüber – weiter eisern: Landrat Georg Grabner und sein Pressesprecher.

Allerdings soll sich nun – wie wir vom Flurfunk aus dem Landratsamt hörten – auch das Nachrichtenmagazin „Der SPIEGEL“ in die Vorgänge um die Kiesgrubenaffäre und die mögliche Verstrickung des Landrats eingeschaltet haben. Und siehe da, jetzt soll der Sprecher des Landrats – ja genau der, der uns mit Klagen wegen unserer Berichterstattung drohte – ausführlich auf die Fragen der Hamburger Kollegen geantwortet haben.

Angeblich sogar zu der Beschäftigung einer angeblichen Cousine des Landrats beim Unternehmer Moosleitner, was dieser im Gespräch mit uns als „Blödsinn“ bezeichnete. Ebenso verneinte Moosleitner uns gegenüber energisch eine „besondere, enge Beziehung“ zu Landrat Grabner: „Ich habe überhaupt keine nähere Verbindung zu Herrn Grabner“. Allerdings soll der Pressesprecher des Landrats in seiner Antwort an den SPIEGEL eingeräumt haben, Matthias Moosleitner seit Jahrzehnten zu kennen. Allerdings ohne besondere persönliche Kontakte.

Vielleicht müssen wir ja, um unsere Leser umfassend über die gesamte Angelegenheit zu informieren, ebenfalls, wie der Hamburger Journalist, den Landrat auf Auskunft verklagen? Aber möglicherweise erinnert sich der Pressesprecher des Landrats ja doch noch an die gesetzlichen Pflichten und antwortet auch uns. Mittlerweile hat uns übrigens auch eine bundesweite Tageszeitung aus München kontaktiert. Und ein überregionaler Sender recherchiert in dieser Angelegenheit ebenfalls. Vielleicht gelingt es der überregionalen Presse mehr Licht ins Dunkle zu bringen, nachdem lokale und regionale Medien – noch – konsequent schweigen.

Kiesgrubenaffäre im BGL (c)privat

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„Ich entsorge keine einzige Tonne Müll“ – Unser Gespräch mit dem Recyclingunternehmer

Knapp drei Stunden hat es gedauert, unser Gespräch mit demjenigen, den wir immer als „Recyclingunternehmer“ titulierten, dem vorgeworfen wird, etwas verbuddelt zu haben, was dort nicht hingehört, wo es gefunden wurde. Ein sehr offenes, manchmal auch emotionales Gespräch mit Matthias Moosleitner. Aber ohne Vorbedingungen von seiner Seite!

Das Gespräch kam für uns etwas überraschend zustande, hatte sich doch Moosleitner beharrlich geweigert, auf unsere Fragen zu antworten – Warum? „Ich habe mich einfach geärgert, warum ich so einen Blödsinn in Ihren Fragen überhaupt beantworten muss“. Zum Blödsinn zählt Mossleitner auch die Frage nach der angeblichen Beschäftigung einer Cousine des Landrats in seinem Unternehmen. Er hätte gar nicht gewusst, dass es eine Verwandte von Grabner bei ihm gäbe. Und sie hätte auch gar nichts mit den Vorgängen um die Kiesgrube und Kontrollen durch das Landratsamt zu tun. Das sei reine Verleumdung.

Während das Gespräch anfangs noch ein wenig spannungsgeladen war, „ich will Ihnen in keiner Weise drohen“, wurde es dann sehr schnell sachlich und Moosleitner nutzte ausführlich die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge darzustellen. Moosleitner kategorisch: „Ich entsorge keine einzige Tonne Müll! Was wir machen ist mineralischer Abfall, da kann natürlich auch mal Holz oder Eisen drin sein, davon gehen wir aus“. Und ergänzt: „Aber ich bin natürlich nicht immer auf jedem LKW dabei“.

Zur Verdeutlichung bekommen wir ein Gutachten vorgelegt, dass beweisen soll, dass alle „Fremdmaterialien“ entfernt worden sind. Aber Vorsicht! Hier geht es schon los mit den Stolperstricken. Denn man muss ganz genau aufpassen, ob von Fremdmaterialien oder Fremdanteilen die Rede ist! Während unter dem Begriff „Fremdmaterial“ das Material fällt, dass von anderen Lagerstätten, bzw. Grundstücken angefahren wird, fallen unter den Begriff „Fremdanteile“ Materialien, die nicht in das eigentliche Material gehören, so z.B. Eisen, Ziegel, Holz oder Teppiche im Bodenaushub. Und auch bei den Gutachten kommt man ins Stutzen. Denn alle Gutachten, die uns mittlerweile vorliegen, haben lediglich eines gemeinsam: Nämlich, dass sie sich alle widersprechen und keines dem anderen gleicht. Und dass bei angeblich identischem Sachverhalt!

Das finale Gutachten, wurde übrigens von einem Gutachter erstellt, der, zusammen mit einigen anderen Gutachtern, auf einer „Auswahlliste“ vom Landratsamt stand, die Matthias Moosleitner zur Verfügung gestellt wurde. Er konnte sich aus der Liste einen Gutachter auszusuchen, diesen beauftragen und natürlich auch bezahlen. So jedenfalls schilderte es uns Matthias Moosleitner in unserem Gespräch. Ob ein solcher Gutachter als „neutral“ anzusehen ist, darüber streiten sich nicht nur die unmittelbar Betroffenen.

Auch Entsorgungsnachweise wurden uns von Matthias Moosleitner bereitwillig vorgelegt, die bekräftigen sollen, dass unter anderem folgende Materialien aus der Grube entfernt worden seien:

Aber ob jetzt wirklich alles aus der Grube draußen ist? Und wer war denn nun der Bösewicht, der hier sein Unwesen getrieben hat und die Fremdstoffe verbuddelt hat? Darauf bekommen wir auch von Moosleitner keine schlüssige Antwort, sondern nur den Hinweis, dass die Grube leider über viele Jahre für jeden zugänglich war und deshalb nicht nachvollzogen werden können, wer hier etwas abgelagert hat. Er sei es jedenfalls nicht gewesen, aber das Gericht hätte ihm in letzter Instanz nicht geglaubt und zur vollständigen Räumung der Grube verurteilt.

Moosleitner ist es wichtig, auf die vorgeschriebenen Kontrollen, denen er unterliegen würde, hinzuweisen, die von ihm selbstverständlich beachtet würden. Er erwähnt aber auch, dass vor rund 30 Jahren die Vorschriften nicht so streng wie heute gewesen seien. Heute könne so etwas, was vielleicht damals passierte, nicht mehr vorkommen. Alle hätten überall vorgeschriebenen Kontrollen, die Unternehmen müssten zugelassenen Fachleute beauftragen, die stichpunktartigen Kontrollen machten. Moosleitner ist sich sicher, das heute noch etwas einfach so verbuddelt werden könnte – diese Zeiten seien lange vorbei.

Wir fragen uns jetzt, ob das wohl bedeutet, dass noch immer jede Menge Müll irgendwo verbuddelt liegt? Und wir uns noch auf jede Menge tickender Zeitbomben gefasst machen müssen?

Kiesgrubenaffäre im BGL (c)privat

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„Der eigentliche Verlierer ist die Bevölkerung“ – Unser Gespräch mit dem Kiesgrubenbesitzer Stefan Heinz

Auch der Kiesgrubenbesitzer hat unsere Fragen beantwortet. Ihn haben wir unter anderem gefragt, warum er diesen Prozessmarathon eigentlich immer noch vorantreibt und worauf sich sein Verdacht einer möglichen Umweltgefährdung in der durch seine Grube eingebrachten Materialien gründet.

Stefan Heinz: „Der Vergleich, die Grube vollständig zur räumen, ist eben nicht vollständig erfüllt. Auf dem Grundstück liegen immer noch ca. 2.600 m³ Materialien, bei denen die Verpflichtung besteht, diese vollständig zu entfernen. Nur weil man sich weigert, das zu tun, bin Ich gezwungen zu prozessieren. Ich wäre heilfroh – für mein Seelenheil und wegen der Umwelt – wenn einfach das höchstrichterliche Urteil und der vor Gericht geschlossene Vergleich zur vollständigen Räumung der Materialien nun endlich vollständig umgesetzt würde“.

Denn, „wenn jemand rechtskräftig verurteilt ist und auch noch einen Vergleich geschlossen hat, in dem er sich erneut verpflichtet hat, etwas vollständig zu entsorgen, und dann aber immer noch einige 1.000 Kubikmeter in der Grube lässt, wie soll man weiter vorgehen?“

Und auf unsere Frage, was hat es mit der Umweltgefährdung, die von den Materialien in seiner Grube ausgehen sollen, auf sich hat, sagt Heinz: „Der Verdacht basiert nicht auf einem Gefühl oder einer persönlichen Meinung von mir, sondern auf der Stellungnahme / Empfehlung des Wasserwirtschaftsamts Traunstein aus 2007 an das Landratsamt (LRA) und der Androhung des LRAs (2008) an mich, die vom Recyclingunternehmer genehmigungswidrig eingebrachte Verfüllung auf meine Kosten(!) entfernen zu lassen“.

„Wenn es keine Umweltgefährdung gäbe, wäre die Androhung des Wasserwirtschaftsamts grundlos gewesen. So Kiesgrubenbesitzer Stefan Heinz, und fragt sich, warum also drohte das LRA mir gegenüber auf Beseitigung, gegenüber dem Verursacher aber nicht?“, so Kiesgrubenbesitzer Stefan Heinz.

Scharf kritisiert Stefan Heinz das Gutachten des von Matthias Moosleitner beauftragten Gutachters: „Der Gutachter konnte oder wollte wohl den gerichtlichen Vergleich und den Begriff ‚ursprüngliche Geländesohle‘ nicht richtig verstehen. Das Untersuchungskonzept für die Erkennung von Umweltgefährdungen bestand bei dem Sachverständigen im Sammeln von Proben und dem Zählen der gefundenen Ziegel-, Beton- und Holzstückchen.“ Ob dieser Vorwurf so in Gänze richtig ist, kann von uns natürlich nicht überprüft werden.

Laut Heinz sind Umweltgefährdungen im Boden aber nach den Vorschriften u.a. mittels chemischer Analysen zu ermitteln, was – so sagt es Heinz – nicht geschah. Er frage sich, wie man sonst Schwermetalle oder krebserregende PAK nachweisen könne? Auch gebe es im Gutachten ‚Unklarheiten‘ bei der Anwendung der amtlichen Definitionen ‚Fremdmaterial‘ und ‚Fremdanteile‘. Heinz: „Als Gutachter nach § 18 BBodSchG sollte man m.E. diese Definitionen in seinen Gutachten fehlerfrei anwenden können“.

Nach eigener Aussage will Kiesgrubenbesitzer Heinz übrigens mit Matthias Moosleitner und den Behörden mehrere Male versucht haben, einvernehmliche Regelungen zu finden – zum Beispiel auch durch den bereits erwähnten Vergleich: „Ich bin weiß Gott nicht der Prozesshansel, als der ich vom Landrat und vom Moosleitner hingestellt werde. Ich habe am 12. Oktober 2018 einen Vergleichsvorschlag gemacht, um endlich ein für alle Mal Ruhe und Gewissheit in die Angelegenheit zu bekommen.

In seinem Vergleichsvorschlag wollte Heinz, dass ein anderes Unternehmen die streitigen Materialien auf Moosleitner-LKWs lädt und das Material nach Vorgaben des Landratsamtes an die entsprechenden Verwertungs- und Entsorgungsstellen verbringen lässt. Aber auch diesen Kompromiss habe die Firma Moosleitner mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 abgelehnt und darauf bestanden, dass der Streit vor dem Landgericht weiter geführt wird.

Heinz betont :„Es steht die Rechtslage im Raum, dass ich als Grundstückseigentümer, für die nicht von mir eingefüllten Materialien dauerhaft verantwortlich sein werde. Um mich nicht, mich möglicherweise wirtschaftlich ruinierenden, Risiken auszusetzten, kann eine Lösung nur darin bestehen, dass alle problematischen Materialien entfernt werden, und die vollständige Entfernung durch ein unabhängiges Gutachten, dass vom Landratsamt akzeptiert wird, bestätigt wird. Sonst werde ich diese Haftung nie los“.

In einem Telefonat mit dem Landrat Georg Grabner will Kiesgrubenbesitzer Heinz massive Vorwürfe zu hören bekommen haben. Sinngemäß sei ihm bedeutet worden, wie er dazu komme, einen so ehrenwerten Unternehmer und Steuerzahler wie Herrn Moosleitner zu verleumden. Da würde man sehen, mit welchen Methoden er, Heinz, arbeiten würde.. Auf seine Frage, was der Landrat mit „meinen Methoden“ meinen würde, sei vom anderen Ende der Leitung nur ein unverständliches Gemurmel gekommen. Dann wäre das Telefonat beendet gewesen. Heinz: „Sie werden verstehen, dass mein Vertrauen in die Neutralität und die sachgerechte Behandlung des Vorgangs im Landratsamt seit dem ins Wanken geraten ist“.

Ist das vielleicht der Grund warum der Landrat und sein Pressesprecher unsere Fragen nicht beantworten wollen und stattdessen unsere Berichterstattung mit Prozessen bedrohen?

Aber was ist jetzt das Ziel des Kiesgrubenbesitzers Stefan Heinz? „Ich glaube, die einzige für die Bevölkerung beruhigende Lösung kann nur in der vollständigen Entfernung und sachgerechten Entsorgung / Verwertung der Materialien bestehen. Und der gutachterlichen Bestätigung, dass das so erfolgt ist. Das Ganze könnte in einer Woche erledigt sein, wenn Matthias Moosleitner es nur wollte. Der eigentliche Verlierer ist aus meiner Sicht die Bevölkerung, der durch schleichende Umweltverschmutzungen auf Dauer die Umwelt zerstört wird“.

Kiesgrubenaffäre im BGL (c)privat

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Kiesgrubenaffäre – So geht es nun weiter

Die Bevölkerung darf gespannt sein, wie es jetzt mit der Kiesgrubenaffäre weitergeht. Vielleicht erhalten wir ja an Heiligabend einen Weihnachtsgruß von offizieller Stelle, in dem auch wir unsere Fragen endlich beantwortet bekommen – ohne Drohung!

Oder uns werden von Mitarbeitern staatlicher Stellen, die sich von der Schweigemauer ihrer Vorgesetzten nicht mehr einschüchtern lassen, weitere amtliche Dokumente zur Einsicht und ggf. Verwertung überlassen.

Schaun’n mer mal. In diesem Sinne – Die Kiesgrubenaffäre ist sicherlich noch nicht vorbei! Wir bleiben weiter dran. Versprochen!

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