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18. November 2018 | Lesezeit ca. 8 Min.

Kiesgrubenaffäre: Landrat aus dem BGL auf Auskunft verklagt!

Seit über 20 Jahren liegen ein Recyclingunternehmen und ein Kiesgrubenbesitzer im Berchtesgadener Land im Clinch. Der Recyclingunternehmer steht im Verdacht rund 20.000 Kubikmeter belastetes Material in die Grube des aus Surheim stammenden Besitzers gefüllt zu haben. Laut einem 19 Jahre später ausgestellten Entsorgungsnachweis waren darunter mindestens tausende Kubikmeter Bauschutt, Betonabbruch, Tonnen an Altreifen, Schrott und Abbruchholz.

Der Recyclingunternehmer bestreitet vehement dafür verantwortlich zu sein und droht mit Klagen gegen jeden, der das behauptet. Das Oberlandesgericht München verurteilte den Unternehmer dennoch im Jahr 2009, das belastete Material auf eigene Kosten vollständig beseitigen zu lassen.

Da bis heute nach Ansicht des Grubenbesitzers immer noch nicht alle Problemmaterialien vollständig beseitigt wurden, läuft am Landgericht Traunstein ein weiteres Verfahren auf Umsetzung des Urteils. Der Streit selber zieht mittlerweile immer größere Kreise. Weit über den Landkreis hinaus.

So beklagt der Eigentümer der Kiesgrube das Desinteresse des Landratsamts und des Wasserwirtschaftsamts, an einer amtlichen Anordnung, die Materialien aus der Grube vollständig entfernen zu lassen. Nach Meinung des Landratsamts handele es sich um eine private zivilrechtliche Angelegenheit, in die man sich nicht einmischen wolle.

Landrat Georg Grabner spricht in einer Antwort auf diverse Fragen zu einer möglichen Umweltgefährdung von einem „Rachefeldzug“ gegen einen bekannten Abfallunternehmer. Auf Nachfrage eines Hamburger Journalisten blieb er aber die Antwort schuldig, ob und wie er diesen Vorwurf belegen könne.

Der Kiesgrubenbesitzer, der von seinen „Gegnern“ gern unter anderem als „Querulant“, „Prozesshansl“ und „Oberbodenschützer“ bezeichnet wird, sieht sich seiner Meinung nach aber einer existenzgefährdenden Situation ausgesetzt.

Sollten nämlich in der Grube eines Tages Altlasten auftauchen, oder sich die Umweltgesetze bezüglich der unerlaubt abgelagerten Materialen verschärfen, dann müsste er dafür haften und den Kopf für ein Problem hinhalten, das er nicht verursacht hat. Diese Haftungsansprüche würden seinen wirtschaftlichen Ruin bedeuten.

Fragen über Fragen an alle Betroffenen

Während im Berchtesgadener Land der Kiesgrubenbesitzer und der Recyclingunternehmer die Gerichte, das Landratsamt und das Wasserwirtschaftsamt beschäftigen, werden jetzt auch immer mehr überregionale Medien auf die Geschichte aufmerksam. Sowohl die Behörden, als auch die beiden Beteiligten sehen sich derzeit mit der Beantwortung zahlreicher Fragen konfrontiert, auf dessen Antworten mit Spannung gewartet wird.

Da das Landratsamt Berchtesgaden aber nur teilweise auf die umfangreichen Fragen eines Hamburger Journalisten geantwortet hat und weitere Auskünfte ablehnte, wurde jetzt der Landrat Georg Grabner beim Verwaltungsgericht München auf Auskunft nach dem Bayrischen Pressegesetz Artikel 4 und Art. 3 des Bayrischen Umweltinformationsgesetzes verklagt. Auch wir baten die Betroffenen um Antworten auf unter anderem diese Fragen – auch um ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben:

Wir fragten unter anderem das Wasserwirtschaftsamt Traunstein:

  • Ist dem Wasserwirtschaftsamt Traunstein bekannt, welche Materialien insgesamt in das Grundstück Fl. Nr. 95 in Surheim eingebracht wurden?
  • Falls Ja, um welche Materialien handelt es sich nach Ihrem Wissen?
  • Werden die dort eingebrachten Materialien vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein als unbedenklich eingestuft?
  • Falls Ja, auf welchen Erkenntnissen basieren diese Einschätzungen? Wurden eigene neutrale Gutachten angefertigt, bzw. Maßnahmen ergriffen zur Beseitigung?
  • Falls Nein, was wurde vom Wasserwirtschaftsamt unternommen, um die Materialien unverzüglich entfernen zu lassen, bzw. die zuständigen Behörden zu veranlassen dieses zu tun

Ergänzend dazu fragten wir das Landratsamt unter anderem

  • In den Schriftsätzen des Landratsamtes wird immer wieder Bezug genommen auf ein Gutachten eines vom Recyclingunternehmer beauftragen Gutachters. Ist es richtig, dass vom Landratsamt bislang kein eigener vereidigter Gutachter / Sachverständiger bestellt wurde und wenn ja, warum nicht?
  • Worauf fußt die Meinung des Landratsamtes, dass der Gutachter des Recycling-Unternehmers über die notwendigen Expertisen verfügt?
  • Wurde der Gutachter des Recycling-Unternehmers auch einmal direkt vom Landratsamt als neutraler Gutachter beauftragt und bezahlt?
  • Falls die oben genannte Firma nicht direkt vom Landratsamt beauftragt wurde, auf welcher Grundlage basieren die Entscheidungen des Landratsamtes?
  • In einem Schreiben vom 22. Juli 2016 wird vom Landratsamt durch Florian Kosatschek erklärt, dass das Landratsamt kein öffentliches Interesse darin sieht, den Bauschutt, der in den 90er Jahren auf dem Grundstück der Fl. Nr. 95 Gemarkung Surheim verfüllt worden ist, wieder auszubauen. Grund dafür sei „vor allem der lange Zeitablauf und die Aussage der Fachbehörde (Anmerkung des Wasserwirtschaftsamts Traunstein), dass sie auch im Hinblick auf die von Ihnen (Anmerkung des Grundstücksbesitzers) vorgelegte Untersuchung … keinen Anlass für ein Tätigwerden sieht“.

Wir fragen uns nun:

  • Ist daraus abzuleiten, dass für das Landratsamt Berchtesgaden eine mögliche, schon länger andauernde Umweltgefährdung auch von einer möglichen Kontaminierung des Grundwassers somit weniger relevant sind als eine seit kurzem bestehende Gefährdung?
  • Ab wann und basierend auf welchen Fakten, besteht für das Landratsamt Berchtesgadener Land und für Sie als Landrat ein öffentliches Interesse an der Beseitigung einer Umweltgefährdung?
  • Warum wurden seitens des Landratsamtes keine eigenen Untersuchungen angestellt um eine Gefährdung sicher auszuschließen?

Der Recyclingunternehmer erhielt ebenfalls von uns einen Fragenkatalog. Wir fragten ihn unter anderem:

  • Laut unseren Rechercheergebnissen sollen Ihnen in vollem Umfang alle Materialien bekannt sein, die von Ihrem Unternehmen und / oder in Ihrem Auftrag insgesamt in das Grundstück Fl. Nr. 95 in der Kiesgrube Surheim eingebracht wurden. Auf welcher Grundlage halten Sie alle dort eingebrachten Materialien für unbedenklich? Gibt es zum Beispiel hierzu Gutachten unabhängiger vereidigter Sachverständiger?
  • Wie erklären Sie die gravierenden unterschiedlichen Ergebnisse in den Bodenuntersuchungen, Abfuhrprotokollen hinsichtlich der Mengen, Analyseergebnissen, Bodenproben, etc.?
  • Ist der von Ihnen beauftragte Sachverständige bzw. Gutachter beruflich gesehen erfahrener als andere beauftragte Gutachter, die zu gänzlich anderen Ergebnissen kamen?
  • Haben Sie den Gutachter xxx (Name ist uns bekannt) im Vorfeld über das Gutachten von Herrn Dr. xxx (Name ist uns bekannt) vom 28.02.2007 informiert, als Herr xxx (Name ist uns bekannt) den in Ihrem Auftrag angelegten Baggerschürf (Anm. mit einem Bagger angelegte Grube) am 7.8.2007 begutachtete?
  • Falls nein, gibt es einen Grund, warum Sie das Gutachten von Herrn Dr. xxx (Name ist uns bekannt) nicht erwähnt haben? Wenn es einen Grund gibt, wie lautet dieser?
  • Woran liegt es, dass Sie erst durch das OLG München dazu gezwungen werden mussten, einen ordnungsgemäßen Zustand des Grundstücks Flur Nr 95 Gemarkung ins Surheim wieder herzustellen?
  • Sie mussten in Folge dieses Urteils über die Zwangsvollstreckung einem Vergleich zustimmen. Dieser verpflichtete Sie in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht, die bereits im OLG Urteil auferlegte Forderung zu einer korrekten Beräumung des Grundstücks und eine Entsorgung wieder herzustellen. Warum müssen Sie immer wieder durch Gerichte gezwungen werden, das Urteil des OLG München vollständig umzusetzen?
Landrat Georg Grabner (c)Petra Sobinger

Landrat Georg Grabner (c)Petra Sobinger

Das große Schweigen

Während Landrat Georg Grabner und der Recylingunternehmer (beide CSU) es vorzogen unsere Fragen bislang nicht zu beantworteten, hat dankenswerterweise immerhin das Wasserwirtschaftsamt zumindest teilweise Stellung genommen.

Wir hoffen aber weiterhin auf weitere Stellungnahmen und werden selbstverständlich in einem der nächsten Berichte zu diesem Thema, dann auch die Meinung dieser beiden Betroffenen veröffentlichen.

Gerade bei dem so wichtigen Thema Umwelt- und Gewässerschutz sollten unserer Meinung nach die Betroffenen nicht mauern, sondern offen und transparent ihre Sicht der Dinge klar legen. Vor allem aber der zuständige Landrat Georg Grabner.

Das Wasserwirtschaftsamt teilte uns zunächst erklärend mit, dass das „betroffene Flurstück durch das WWA TS hinsichtlich der wasserwirtschaftlichen Anforderungen des Leitfadens (Anmerkung seit 2001) überwacht wird und Verfüllungen in Gruben nach dem Leitfaden zuerst vom Betreiber überwacht werden müssten. Zu dieser Eigenüberwachung gehören laut den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamtes:

  • Eingangskontrollen
  • Kontrollen beim Verfüllen
  • Kontrollen der Betriebseinrichtungen
  • Sowie Grundwasserüberwachung (soweit erforderlich)“

Weiterhin erhielten wir u.a. die Auskunft, dass „dem Wasserwirtschaftsamt Traunstein nicht bekannt sei, welche Materialien insgesamt eingebracht wurden und in den 1980er und 1990er Jahren derartige Kiesgruben 1-3 Mal jährlich per Augenschein kontrolliert wurden.

Außerdem teilte uns das Wasserwirtschaftsamt noch mit, dass „Schürfungen im betreffenden Gebiet Fremdanteile unter 1% ergeben hätten und außer einem Teppichrest kein Müll festgestellt worden sei. Damit sei aus wasserwirtschaftlicher Sicht auch kein Altlastenverdacht gegeben. Somit könnten die bisher verfüllten Materialien aus wasserwirtschaftlicher Sicht in der Kiesgrube belassen werden.

Soweit wasserwirtschaftlich relevante Auffälligkeiten erkannt wurden, seien diese beanstandet. Beim aktuellen Verfüllabschnitt würden die Aufzeichnungen der Eigen- und Fremdüberwachung geprüft und etwaigen dort festgestellten Auffälligkeiten nachgegangen“.

Laut dem Wasserwirtschaftsamt, so heißt es weiter in dem Schreiben:

  • entsprächen übrigens die nach Bescheid zulässigen Verfüllungen den Vorgaben des Eckpunktepapiers
  • seien vom Wasserwirtschaftsamt keine eigenen Gutachten angefertigt worden
  • habe es bei der Kontrolle durch das Wasserwirtschaftsamt der Eigen- und Fremdüberwachung keine wesentlichen Ungereimtheiten bei der Verfüllung im aktuellen Verfüllabschnitt ergeben

Ein Ende dieser Geschichte ist derzeit noch nicht in Sicht und wir sind gespannt, welche weiteren Antworten eventuell noch eingehen und wie es weitergeht.

Aber vielleicht tragen ja das Landratsamt und das Wasserwirtschaftsamt (und vielleicht sogar der Recyclingunternehmer) gemeinsam dazu bei, die Sorgen der Bevölkerung in diesem konkreten Fall durch geeignete amtliche Maßnahmen zu zerstreuen.

Wir bleiben in jedem Fall dran und werden weiter berichten.

Die Auflösung lest Ihr in Kürze auf www.be-outdoor.de

Auch spannend zu diesem Thema auf be-outdoor.de: Umweltskandal im Berchtesgadener Land – Landrat auf Auskunft verklagt!…


Petra Sobinger
petra.sobinger@be-outdoor.de
Alle Beiträge von Petra Sobinger | Website

Ein Kommentar "Kiesgrubenaffäre: Landrat aus dem BGL auf Auskunft verklagt!"

  1. Mayr Josef sagt:

    supper

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