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Nun ist Schicht im Schacht – mit einem Festakt auf dem Gelände der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop wurde kurz vor Weihnachten das Ende des Steinkohlenbergbaus in Deutschland besiegelt. Rund zwei Jahrhunderte waren der Steinkohlenabbau und das Ruhrgebiet eine Einheit. Nun ist Schicht im Schacht. Die Ära des Steinkohlenbergbaus ist beendet.

Ökumenischer Abschiedsgottesdienst im Essener Dom

Auch in Essen wurde dem Bergbau ein letztes Mal gedacht, mit einem großen ökumenischen Abschiedsgottesdienst im Essener Dom, zu dem auch knapp 60 Bergleute der Zeche Prosper-Haniel gekommen waren. Ganz in weiß trugen die Bergleute ein großes Kreuz aus der Krypta in die Kirche. Dazu in rot gekleidet die Grubenretter und die Knappen in schwarz mit ihren wehenden Federbüschen.

Sie alle folgten dem Kreuz mit ihren Grubenlampen, während die Fahnen der Knappenvereine den Altar umrahmten. Nach dem Gottesdienst ging es bei Glockengeläut noch eine Strecke durch die Essener Innenstadt bis zur evangelischen Kreuzeskirche. Mit dabei übrigens auch die „Heilige Babara“, die Schutzpatronin des Bergbaus. Die Figur steht normalerweise in 1.200 Metern Tiefe auf der siebten Sohle von Prosper-Haniel. Für den Abschiedsgottesdienst durfte die Heiligenfigur einen Ausflug nach Essen machen, bevor sie dann wieder für die große Abschiedsfeier am Abend wieder zurück nach Bottrop zurückkehrte.

Zwei Jahrhunderte Bergbau im Ruhrpott

Rund zwei Jahrhunderte gehörte Bergbau im Ruhrgebiet zum Alltag. Ernährte viele Familien und trug ganz wesentlich mit seiner Energie zum Wiederaufbau der Bundesrepublik bei. Der Abschied kam nicht plötzlich, bereits 1959 wehten die ersten schwarzen Fahnen in Duisburg an der Hattinger Zeche Lieselotte und Friedrich Thyssen 4/8 in Duisburg. Dabei war zu der Zeit eigentlich noch der Kohleboom allgegenwärtig. Rund 500.000 Kumpel arbeiteten während der Hochzeiten der Steinkohle unter und über Tage.

Der Bergbau im Ruhrgebiet – Ein paar Zahlen

Quelle: Regionalkunde Ruhrgebiet

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DIE RUINEN unserer HEIMAT – Die alten Zechensiedlung Gelsenkirchen

Über den Mythos – „Dort fliegen Briketts durch die Luft

Wer – so wie ich – im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, der kennt den Spruch und die Fragen nach „fliegenden Briketts“, „schwarzer Wäsche“ und „grauen Wiesen“. War das wirklich so? Nein – zumindest nicht mehr zu meiner Zeit. Im Gegenteil! diverse Schulausflüge in zu damaliger Zeit noch aktive Zechen und unter Tage zu den Kumpels brachten uns eine wirtschaftliche Ära nahe, zu deren Dunstkreis eigentlich ein jeder aus dem Ruhrgebiet gehörte. Sei es als Kumpel oder als Familienangehöriger (ehemaliger) Kumpel.

Für uns Kinder eine Mischung aus Abenteuer, großem Spaß und jeder Menge Wissen über eine Industriekultur, die unsere Kindheit prägte. In der Erinnerung noch immer allgegenwärtig die hart arbeitenden Kumpels unter Tage, die aber trotzdem stets ein offenes Ohr für uns Schulklassen hatten und uns alles erklärten. Unvergessen – eine komplette Schulklasse, die nach dem „Unter-Tage-Ausflug“ zwar frisch geduscht, aber „stolz wie Bolle“ mit dem schwarzen Kohle-Staub, der sich wie ein Kajalstift rund um die Augen niedergelassen hatte bei dem Restaurant mit dem goldenen „M“ einkehrten. Schließlich kamen wir gerade „vonne Schicht unter Tage“.

Ruhrpott NRW - Zeche Ewald zu Füßen der Hoheward

Ruhrpott NRW – Zeche Ewald zu Füßen der Hoheward

Von der Montanindustrie zur Industriekultur

Viel hat sich getan im Ruhrgebiet. Und viel wurde getan für die Kumpel, die sich mit dem Niedergang des Bergbaus einem beruflichen Wechsel entgegensahen. Das schwarze Gold, für das die Kumpel gesorgt haben, sorgte auch bei sehr vielen Menschen im Ruhrgebiet für das tägliche Brot. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, sollte im Ruhrgebiet kein großer „Sozialabsturz ins Bergfreie“ stattfinden.

Dazu der Wandel in eine touristische und kulturelle Nutzung durch den Erhalt der Zechen. Statt planlosem Planieren und Ausradieren dieser großen Geschichte, hat der geschichtsbewusste Umgang unseres Erbes zu einer neuen besuchens- und erhaltenswerten Industriekultur geführt. Einer Industriekultur, die auch unsere Kinder und Kindeskinder berührt, wenn sie aus aller Herren Länder in die Heimat zurückkehren und sich von den Großeltern und ihren Geschichten in eine andere Welt entführen lassen.

Warum eigentlich heißen die Kumpel „Kumpel“?

Ein Kumpel ist ein Freund, jemand auf den man sich verlassen muss. Egal ob in der Schule, beim Sport oder im (Berufs-)Alltag. Nicht anders bei den Kumpels im Schacht. Auch hier musste sich jeder auf den anderen verlassen. Und zwar hunderprozentig. Auf Gedeih und Verderb – im schlimmsten Fall sogar auf Leben und Tod. Und auch egal zwischen welcher Nationalität. Unten im Bergbau und zwischen den Kumpels herrschte eine Solidarität, die ihresgleichen suchte. Halt (wie) zwischen den Kumpels!

Glück auf – der Gruß der Bergleute

„Glück auf“, den Bergmannsgruß kennt fast ein jeder. Aber was bedeutet er überhaupt? Bekannt ist die Bedeutung, dass dieses ein Gruß ist, mit dem man sich gegenseitig Glück wünscht, um nach der Schicht wieder gesund an die Oberfläche auszufahren. Aber es gibt auch noch eine andere Bedeutung. Nämlich: „Ich wünsche Dir Glück, tu einen neuen Gang auf“, hier steht der Wunsch im Vordergrund, dass man sich Glück wünschte, bei der Arbeit einen ausreichenden Ertrag zu finden und zu Tage zu befördern. Entstanden sein soll der Gruß gegen Ende des 16. Jahrhunderts im sächsischen Erzgebirge. Auch in dem Steigerlied der Bergleute wird dieser Gruß verwendet.

Das Steigerlied der Kumpel

Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt.
Und er hat sein helles Licht
bei der Nacht
schon angezünd`t.

Schon angezünd`t! Das gibt ein´n Schein,
und damit so fahren wir
bei der Nacht
ins Bergwerk ein.

Ins Bergwerk ein, wo die Bergleut`sein,
die da graben das Silber und das Gold
bei der Nacht
aus Felsgestein.

Der eine gräbt das Silber, der and`re
gräbt das Gold,
doch dem schwarzbraunen Mägdelein,
bei der Nacht,
dem sein sie hold.

Ade, nun ade! Lieb`Schätzelein!
Und da drunten in dem tiefen finst`ren
Schacht, bei der Nacht,
da denk ich dein.

Und kehr ich heim, zur Liebsten mein,
dann erschallet des Bergmanns Gruß
bei der Nacht,
Glück auf, Glück auf!

Wir Bergleut`sein kreuzbrave Leut`,
denn wir tragen das Leder vor dem Arsch
bei der Nacht
und saufen Schnaps und saufen Schnaps!

Schicht im Schacht – und wie geht es nun weiter?

Fakt ist – eine Ära ist vorbei, aber eine andere Ära beginnt. Der Ruhrpott ist nicht nur für den Bergbau bekannt, sondern auch für „Ärmel hochkrempeln und los geht´s“. Mit dem Wandel der alten Zechenarealen in die Denkmale für ein wichtiges Zeugnis von Industriekultur wird unsere Vergangenheit weiterleben. Wir dürfen gespannt sein, was sich noch alles tut – im guten alten Ruhrpott.

Weitere spannende Infos über den Bergbau im Ruhrgebiet findet Ihr unter www.ruhrgebiet-regionalkunde.de

Geschichten aus dem Ruhrpott

Die Ruinen unserer Heimat – Gelsenkirchen
Im Ruhrpott auf Tour – Halde Hoheward in Herten
Tourentipps für NRW – Warten auf den Fluss

Auf den Routen der Industriekultur

Was wäre eine Ruhrgebietserkundung ohne den Besuch der ehemaligen Abraumhalden. Die Halden gehören mit zur Route der Industriekultur. Nach unserer Haldentour im Jahr 2016 zur Halde Haniel –Zeche Prosper Haniel- an der Grenze zwischen Bottrop und Oberhausen und der Schurenbachhalde in Essen –Zeche Zollverein- haben wir uns für die Sommerferien in diesem Jahr für die Halde Hoheward in Herten entschieden.


Von der Kohlehalde zur Freizeitlandschaft

NRW Zeche Hoheward

NRW Zeche Hoheward

Bei der Halde Hoheward handelt es sich um eine begrünte Abraumhalde der ehemaligen Zeche Recklinghausen, Zeche Ewald und Zeche General Blumenthal. So entwickelte die Metropole Ruhr aus dem früheren flachen Land ein Gebiet mit kleinen Höhenzügen das sich zu einer grünen Freizeitlandschaft entwickelt hat.

Viele dieser Halden wurden zu sogenannten Landmarken ausgebaut, Kunstobjekte sind zu Wahrzeichen für das Ruhrgebiet geworden und weithin sichtbar. Begonnen haben wir unsere Tour am Besucherzentrum Hoheward, Ewaldstraße 261 in 45699 Herten (Anschrift fürs Navi).

Rundgang durch das ehemalige Zechengelände

NRW Ruhrpott Zeche Hoheward

NRW Ruhrpott Zeche Hoheward

Bei unserem Rundgang durch das ehemalige Zechengelände stellten wir fest, dass einige der alten Zechengebäude eine neue Zukunft gefunden haben. Viele Firmen haben sich dort niedergelassen. Auf dem Gelände befindet sich ebenfalls ein kleines Museum (Montags geschlossen) und ein nettes Cafe in dem man nach dem “Auf- und Abstieg“ der Halde eine entspannte Pause einlegen kann.

Der Aufstieg zur Haldenplattform in 152,5 m Höhe ist in 3 Ebenen unterteilt und macht deutlich, wie gut durchdacht das System der Wege und Treppenaufgänge ist. Die unterste ist eine Ringpromenade zum Joggen, Radfahren und Spazieren gehen. Bei der mittleren Ebene, in ca. 20 m Höhe, handelt es sich um eine 6 km lange Balkonpromenade, die die gesamte Halde umspannt und auf der sich mehrere Aussichtsbalkone befinden.

Bleibt nur die Entscheidung, ob man sich für die 500 Stufen, oder für den in teils angenehmen, manchmal auch etwas steiler verlaufenden Serpentinenweg entscheidet. Wir hatten einen wunderschönen sonnigen Tag mit einer guten Fernsicht für unsere Tour ausgewählt. Oben angekommen, waren wir überwältigt von dem Blick, der sich uns bot.

Wenn man aus dem Ruhrgebiet stammt oder schon einige Erfahrung bei den Touren gesammelt hat, erkennt man schnell die markanten Gebäude oder Orte in der Ferne. So konnte man klar und deutlich den Gasometer in Oberhausen, den Tetraeder in Bottrop, das markante Kuppeldach der Arena auf Schalke, die Skyline von Essen und Recklinghausen und im Dunst konnte man sogar die Silhouette von Düsseldorf und Bochum erahnen.

Aber das Imposanteste war, als wir auf dem Gipfel ankamen und vor den beiden weithin sichtbaren Bögen des Horizontobservatoriums standen. Leider ist der Platz unmittelbar unter dem Observatorium zur Zeit aus Sicherheitsgründen abgesperrt.

Die beiden Bögen ragen 45 m hoch in den Himmel. Die große Plattform der Halde ist frei zugänglich und wurde von einigen Kindern zum Drachensteigen genutzt. Etwas unterhalb befindet sich noch eine Sonnenuhr.

Auf unseren Touren treffen wir immer wieder Großeltern mit ihren Enkeln und wenn wir mit ihnen ins Gespräch kommen, stellen wir fest, wie sehr es ihnen am Herzen liegt, den meist entfernt wohnenden Kindern das Interesse am Ruhrgebiet näher zu bringen. Wir werden noch manche Tour durchs Revier antreten und vieles entdecken.

Text: Tim Sobinger
Bildmaterial: Tim Sobinger

Im Zickzack durch NRW

„Warten auf den Fluß“: Wir wollten es wissen – was bedeutet die Aussage? Also machten wir uns auf den Weg nach Essen-Altenessen zur Emscherinsel zwischen Nordsternpark und Schurenbachhalde, einer aufgeschütteten Zechenhalde. 

Mitten in der Natur standen wir dann vor einer 38 m langen hölzernen Zickzack-brücke, die von dem niederländischen Künstlerkollektiv Observatorium entwickelt und gebaut wurde. Die Zickzackform der Brücke gibt den Blick frei auf die grüne Landschaft und schafft kleine Innenhöfe zwischen den drei Pavillons.

Reise durch NRW – Erlebe Dein grünes Wunder

NRW Warten auf den Fluss

NRW Warten auf den Fluss

Schon einmal, im Jahr 2010 zum Kulturhauptstadtjahr stand diese Brücke auf der Emscherinsel bevor sie ihren Weg antrat entlang der Emscher in Oberhausen, Castrop-Rauxel und Dordrecht. Jetzt zum “Grüne Hauptstadtjahr Europa Essen 2017“ kehrt sie zurück nach Essen und trägt das Motto “Erlebe Dein grünes Wunder“.

Übernachtungsmöglichkeiten und mehr

NRW Warten auf den Fluss

NRW Warten auf den Fluss

Im Innern dieser hölzernen Brücke befinden sich zwei Schlafräume mit jeweils 4 Schlafmöglichkeiten, einer Gemeinschaftsnasszelle und einer kleinen Küche. Hölzerne Stege verbinden die einzelnen Räumlichkeiten. Die Übernachtungsmöglichkeiten sind für lange Zeit ausgebucht. Besonders angenommen von vielen Radfahrern, da der Emscherradweg in unmittelbarer Nähe vorbeiführt.

NRW Warten auf den Fluss

NRW Warten auf den Fluss

Die Buchung beinhaltet Übernachtung, Frühstück und Abendessen. Betreut werden die Gäste von der Künstlerin Marja Zomer, die selbst auf ihrem Boot ’Jannetje’ am Rhein-Herne-Kanal wohnt. Es handelt sich aber nicht nur um eine Übernachtungsmöglichkeit, es finden auch Gespräche, Diskussionen, Lesungen und workshops statt.

NRW Warten auf den Fluss

NRW Warten auf den Fluss

Volunteers stehen Besuchern und Interessierten Dienstags bis Sonntags von 12.oo bis 18.oo sehr freundlich zur Verfügung.

Woher kommt der Name?

NRW Warten auf den Fluss

NRW Warten auf den Fluss

Aber warum “Warten auf den Fluß“? Bis zum Jahr 2020 soll der seit mehr als hundert Jahren träge und verschmutzt dahinfließende Abwasserfluß Emscher von allen Abwässern befreit sein und zu einem sauberen Fluß einschl. seiner zulaufenden Bachläufe werden.

Die Region zwischen Holzwickede und Dinslaken soll sich zu einer abwasserfreien Region verwandeln. Die Abwasser werden dann über einen unterirdischen Abwasserkanal abgeleitet. Die Zickzackform der Brücke und die Breite des Bauwerks soll den späteren Flußlauf darstellen. Besonders erfreulich: In den bereits renaturierten Bereichen des Flusses erobern sich zahlreiche Tierarten ihren Lebensraum zurück.

NRW Warten auf den Fluss

NRW Warten auf den Fluss

Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Milliardenprojekt der Emschergenossenschaft, dem Regionalverband Ruhr und der anliegenden Kommunen. Die Stadt Essen dokumentiert auch hier den Strukturwandel im Revier und zählt mit Recht zu einer der grünsten Städte in NRW.

Also warten wir jetzt auf den sauberen Fluß!

Weitere Infos findet Ihr unter www.wartenaufdenfluss.de

Text: Tim Sobinger
Bildmaterial: M-L Sobinger

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