Anzeige

Naturschützer ziehen Bilanz

Die Gämse steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste Deutschlands. In der folgenden Pressemeldung ziehen Naturschützer Bilanz und benennen auch kritische Konflikte, die das Überleben von Rot- und Gamswild, Iltis oder Feldhase erschweren.

(c)Wildes Bayern - PM Gämse auf der Vorwarnstufe der Roten Liste Deutschlands
(c)Wildes Bayern – PM Gämse auf der Vorwarnstufe der Roten Liste Deutschlands

Ernüchternde Bilanz nach 10 Jahren

Die Bilanz nach 10 Jahren ist ernüchtern. Die aktuelle Fassung der Roten Liste Deutschlands, vorgestellt am 8. Oktober vom Bundesamt für Naturschutz musste die Liste der Verlierer-Arten unseres Landes verlängern. Allein von den 97 bewerteten Säugetierarten, die in Deutschland leben, sind 41% gefährdet oder ausgestorben, 10% stehen in der Vorwarnliste, darunter auch die Gams. 30 Arten, darunter Feldhase, Iltis und Gartenschläfer sind akut in ihrem Bestand in Deutschland gefährdet.

Deutliche Zunahmen und positive Bestandstrends gibt es dagegen bei einigen Fledermausarten, wie Großes Mausohr, Wimpern- und Mückenfledermaus, bei Gelbhalsmaus, Fischotter, Wildkatze und Wolf.

Gämse in die Rote Liste aufgenommen

Die Gämse wird nun erstmals in die Rote Liste aufgenommen, da in den vergangenen Jahren eine Reihe von wissenschaftlichen Studien dazu geführt haben, die Situation der Gams vor allem in seinem Hauptvorkommen in Bayern neu zu bewerten.

Der Bericht führt dazu aus: „Durch die gebietsweise Aufhebung der Schonzeiten (Regierung von Oberbayern 2014) und stärkere Bejagung, die mit waldbaulichen Zielen begründet wird, aber oft ohne Rücksicht auf Alters- und Geschlechterstruktur stattfindet, nehmen die Gämsenbestände in Bayern vielerorts ab (Aulagnier et al. 2008, Deutsche Wildtier Stiftung 2018).

(c)Wildes Bayern - PM Gämse auf der Vorwarnstufe der Roten Liste Deutschlands
(c)Wildes Bayern – PM Gämse auf der Vorwarnstufe der Roten Liste Deutschlands

Engagement ist notwendig

„Für unsere Lobbyarbeit zum Schutz und der nachhaltigen Nutzung von Gamswild in Bayern, ist diese Entscheidung des hochkarätigen Fachgremiums eine Bestätigung und Ansporn für die weitere Arbeit,“ zeigte sich die 1. Vorsitzende von Wildes Bayern, Dr. Christine Miller erfreut. „Wir unterstützen die Forschungen zu Wildtieren in vielfältiger Weise.

Dass dieses Engagement notwendig ist, zeigt auch der Bericht des Bundesamtes für Naturschutz. Es gibt in Deutschland zu wenig Experten, die sich wirklich mit Säugetieren und Säugetierforschung auskennen. Daher gehört die Förderung derartiger Arbeiten zu unseren satzungsgemäßen Vereinszielen.“ erläutert Miller.

(c)Wildes Bayern e.V.
(c)Wildes Bayern e.V.

Für die Gams ist es in Bayern bereits zwei vor zwölf

Da die Bayerischen Staatsforsten und das Bayerische Forstministerium jede unabhängige und fachlich solide Bestandeserhebung blockiert, mobilisiert Wildes Bayern e.V. nun die Bevölkerung: In einer Petition, die bis Ende November laufen wird, sammeln die Wildtier-Schützer Unterschriften. „Die Gams muss in Bayern Chefsache werden und darf nicht in den Mühlen einer um eigene Projekte kreisende Forstverwaltung zerrieben werden!“ Näheres zur Kampagne unter dem folgenden Link: wildes-bayern.de

Für viele der aufgelisteten Säugetiere wird unter anderem auch die intensive Forstwirtschaft benannt und der Anspruch der Forstverantwortlichen, keine Rücksicht auf Belange des Naturschutzes üben zu müssen: Das gilt bei waldbewohnenden Fledermäusen, denen zu wenig Höhlenbäume in den Beständen belassen werden, selbst in Biosphärenreservaten und FFH-Gebiete.

Zusammen mit einer zunehmenden Lichtverschmutzung, dem Ausbau der Windenergie vor allem in Waldlagen und dem allgemeinen Rückgang der Insektennahrung weiterhin fatal für diese Tiergruppe. Der Bericht des BfN stellt aber auch für die nichtgefährdetet Arten, Gefahren- und Konfliktbereiche dar. Die „Verdrahtung der Landschaft“ stellt für viele große Wirbeltiere, wie Reh- und Rotwild, eine Gefahr dar.

Und der Konflikt mit dem Zielen der Forstwirtschaft wird mehrmals deutlich benannt. Denn auch der vor etwa 250 Jahren in Deutschland weiträumig ausgerottete Rothirsch hat heute nur ein Bruchteil der für ihn artgemäß nutzbaren Fläche besiedelt. „Grund dafür sind jagdliche Regelungen unter Vorgabe forstlicher Zielstellungen.“

Eine lesenswerte Zusammenstellung sowie den vollständigen Bericht findet man unter rote-liste-zentrum.de

Kontakt unter: info@wildes-bayern.de oder 0172 / 5874558 (Dr. Christine Miller) 1. Vors. Wildes Bayern, Hirschbergstr.1 83714 Miesbach

Abdruck der Bilder im Rahmen der Presseberichterstattung kostenfrei.

Bildquelle: privat / Wildes Bayern e.V.

Weitere Lesetipps zu Wildes Bayern e.V

Seit dem 1. August wird wieder scharf geschossen – und zwar bevorzugt auf die Gämsen. Fast 5.000 Gämsen wurden im vergangenen Jagdjahr in Deutschland erlegt. 90 Prozent davon in Bayern. Den Mammutanteil des Abschusses haben die Bayerischen Staatsforste zu verantworten. „Dort wird noch immer der Grundsatz „Wald vor Wild“ mit dem Brecheisen durchgesetzt“, kritisiert Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung.

Deutsche Wildtier Stiftung und Verein Wildes Bayern klagen gegen Freistaat Bayern

Nach Rücksprache bei der Deutschen Wildtier Stiftung zeigen erste Analysen der Deutschen Wildtier Stiftung, dass bei der Jagd auf die Gams in Bayern zu viele Tiere in der jungen und mittleren Altersklasse geschossen werden. „Es mangelt an alten Tieren – sie sind rar geworden, da zu intensiv gejagt wird“, so Münchhausen. Und ergänzt: „Selbst der Staatsforst verfolgt in Bayern nicht die geltenden Regeln zum Abschuss, die u.a. in der Hegerichtlinie beschrieben sind. Das ist für das Überleben der Gämsen fatal, denn es sind die alten Tiere, die mit ihrer Erfahrung das Gamsrudel sicher durch harte Winter führen! Mehr als Reh oder Rothirsch leidet die Gämse unter einer natürlichen Sterblichkeit im Winter. Wir fordern, dass diese natürliche Sterblichkeit beim Abschussplan umfassender berücksichtigt wird, da sonst der lebende Bestand zu hoch eingeschätzt wird“.

Über die Schonzeit in Bayern

Die gesetzlich vorgeschriebene Jagdzeit in Bayern gilt vom 1. August bis zum 15. Dezember. Allerdings wurde im Bezirk Oberbayern die Schonzeit auf knapp 26.000 Hektar vollständig aufgehoben und somit darf das ganze Jahr gejagt werden. Unterlagen zeigen, dass fast jede fünfte Gämse im eigentlich als Schonzeit ausgewiesenen Zeitraum erlegt wird. Gegen die Aufhebung der Schonzeit hat der Verein Wildes Bayern, unterstützt von der Deutschen Wildtier Stiftung, jetzt beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Normenkontrollantrag gestellt. „Damit kommt die wildfeindliche Politik Bayerns auf den juristischen Prüfstand“, erklärt Münchhausen. Das präkare daran: „Selbst im Nationalpark Berchtesgaden gibt es ein Gebiet, in dem die Schonzeit aufgehoben wird. „Jagd während der Schonzeit in einem Nationalpark ist nicht vereinbar mit dem Ziel eines derartigen Schutzgebietes, in dem Natur und Wildtiere Vorrang haben sollen“, so Münchhausen.

Wie viele Gämsen leben in den bayerischen Alpen

Verlässliche Zahlen darüber, wie viele Gämsen in den bayerischen Alpen leben, gibt es nicht. „Wir brauchen dringend ein Monitoring über den Gamsbestand, das seinem Namen gerecht wird“, fordert Münchhausen. Gerade eine sich oft außerhalb des Waldes aufhaltende und tagaktive Wildart lässt sich vergleichsweise gut erfassen. „Das Monitoring ist ohnehin eine Verpflichtung für Bayern, da die Gämse über die Fauna – Flora – Habitat Richtlinie der EU geschützt ist und nur gejagt werden darf, solange nachgewiesen wird, dass dadurch die Population der Gämse nicht gefährdet wird“, erläutert Münchhausen und kritisiert: „Bislang meldet Bayern einfach nach Brüssel, dass alles in Ordnung sei und verweist dabei auf die Zahl der geschossenen Gämsen“.

Hoffnungsschimmer für die Wildiere?

Einen Hoffnungsschimmer sieht die Deutsche Wildtier Stiftung im neu verabschiedeten Naturschutzgesetz für Bayern. Dort heißt es jetzt in Artikel 3, dass „im Staatswald das vorrangige Ziel zu verfolgen ist, die biologische Vielfalt des Waldes zu erhalten oder zu erreichen“. „Wenn Bayern unter biologischer Vielfalt des Waldes nicht nur Borkenkäfer und Schwarzspecht versteht, sondern auch Rothirsch, Reh und Gämse muss jetzt Schluss sein mit dem Vernichtungsfeldzug der Bayerischen Staatsforsten beim Wild“, hofft Münchhausen.

Ebenfalls interessant zu diesem Thema:
Schlechte Aussichten für die Gams – Will Kürnach die Gams ausrotten?

Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung

Erhalte unseren be-outdoor.de Newsletter

Jeden Sonntag neu - Die besten Outdoor-Tipp

Registriere dich für unseren kostenlosen Newsletter und verpasse keine Neuigkeiten mehr. Mit regelmäßigen Gewinnspielen und vielen tollen Outdoor-Tipps.