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11. Februar 2019 | Lesezeit ca. 12 Min.

Skitourengehen im Berchtesgadener Land

Am 1. und 2. Februar 2019 veranstaltete der DAV eine Presseinformationsveranstaltung in und um Berchtesgaden unter dem Motto „Skitouren – sicher und natürlich“. Im Zuge dessen wurden umfassend Themen im Zusammenhang des Phänomens Skibergsteigen beleuchtet.

Die Anzahl der Tourengeher nimmt immer weiter zu. Rund eine halbe Million Skitourengeher gibt es mittlerweile in Deutschland. Alleine im Nachbarland Österreich werden pro Jahr rund 50.000 Paar Tourenski verkauft – Tendenz steigend. Arbeiteten sich Skitourengeher vormals in der Regel über tief verschneite Pfade den Berg hinauf und zogen, wenn möglich, am liebsten die ersten Schwünge in unberührte Hänge, so wird mittlerweile die Anzahl derjenigen stetig mehr, die nicht nur die frisch präparierten Pisten mitten im Skibetrieb für den Aufstieg nutzen, sondern auch gerne über diese Skipisten wieder hinunter fahren. Vielerorts sorgt das nicht nur für Zustimmung, auch nicht in der Region BGL. Lest hier mehr zu diesen Themen und erfahrt im Interview mit einem Berchtesgadener Pistenbetreiber, wo die Probleme im Altag gelagert sind.

Solche Ausblicke erwarten den Skibergsteiger in und um Berchtesgaden. Hier zu sehen, der Watzmann von Nodwesten.

Lebensgefahr statt winterlicher Romantik?

Rund 30% aller Skitourengeher nutzen ausschließlich präparierte Skipisten. Während untertags im Skibetrieb hauptsächlich gegenseitige Rücksichtnahme unter den Wintersportlern gefordert ist, von denen die einen bergab fahren und die anderen bergauf laufen, so warten abseits des Skibetriebs auf Tourengeher und Liftbesitzer teils brisante Herausforderungen. So begeben sich manche Tourengeher regelrecht in Lebensgefahr, wenn sie abseits der regulären Öffnungszeiten unterwegs sind, wenn zum Beispiel noch schweres Pistengerät fährt, da dieses häufig mit Seilwinden gesichert ist, die in der Dunkelheit sehr schlecht zu erkennen sind. Zum anderen hinterlassen die Tourer in frisch präparierten Pisten teilweise Schäden, da ihre Spuren in der nächtlichen Kälte festfrieren und so für Pistenfahrer zu Problemen führen können.

Nichts geht mehr auf dem Parkplatz

Aber nicht nur Gefahr für Leib und Leben ist gegeben. Durch die steigende Anzahl von Tourengehern werden auch mehr und mehr Parkkapazitäten belegt, die dann den zahlenden Skifahrern fehlen. Dies wiederum bedeutet für den Liftbetreiber nicht unerhebliche finanzielle Einbußen, weil eine wesentliche Einnahmequelle fehlt. Denn: Haben die Skifahrer keinen Parkplatz, kommen sie nicht mehr zum Skifahren und es werden weniger Skitickets verkauft – so zumindest die vereinfachte Gleichung. Mehr und mehr gehen daher Skiliftbetreiber dazu über, Parkgebühren zu verlangen. So auch am Götschen bei Berchtesgaden. Seit Beginn der Wintersaison steht auf Höhe der Talstation eine Kasse mit der Bitte einen Unkosten- bzw. Spendenbeitrag in Höhe von 5,- Euro einzuwerfen.

Aber wie weit darf man auf die Ehrlichkeit der Sportler vertrauen? Das Online-Medium BGLand24.de wollte wissen, wie und ob die Kasse genutzt wird und hat mit Bernhard Heitauer dem Betreiber des Skigebietes am Götschen gesprochen.

Aufschluss- und einblickreiches Interview mit Bernd Heitauer, Betreiber eines Skigebietes am Götschen bei Berchtesgaden:

BGLand: Herr Heitauer, nun hat auch der Götschen eine Skitourenkasse, funktioniert das?

Leider lässt die Zahlungsmoral vieler Tourengeher sehr zu wünschen übrig. Sehr viele gehen ganz bewusst einfach an der Kasse vorbei. Manche sind sogar so dreist, dass sie direkt neben der Kasse hergehen und einfach nur den Kopf wegdrehen. Gottseidank gibt es auch einige ehrliche Menschen, aber das sind leider die Wenigsten.

BGLand: Wie reagieren die Tourengeher wenn man sie anspricht? Verständnisvoll oder verärgert?

Im Prinzip gibt es drei Gruppen von Skitourengehern. Diejenigen die ehrlich sind und ganz selbstverständlich bezahlen. Hier habe ich sogar schon erlebt, dass solch eine Gruppe applaudiert hat, als sie von jemandem persönlich gebeten wurden, doch bitte dem Hinweis zu folgen und seinen Obulus in die Kasse einzuwerfen.

Dann gibt es eine Handvoll Leute mit denen man reden und ihnen erklären kann, dass diese 5 Euro-Spende keine Abzocke ist, sondern für uns nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es geht ja in erster Linie um eine Spende, bzw. eine Beteiligung für die Parkplatzbenutzung, den Abrieb der Piste, die wir aufwendig pflegen müssen, etc. Aber dann gibt es leider auch diejenigen, die unbelehrbar sind und manchmal sogar richtig aggressiv auftreten, wenn man sie fragt, warum sie nichts einwerfen.

BGLand: Wie viele Skitourengeher kommen denn so circa pro Tag?

Aktuell sind es in der Regel um die 300 Personen.

BGLand: Das schafft aber auch Probleme beim Parken?

Natürlich, wir haben mittlerweile zwei Parkeinweiser, die die Gäste fragen ob sie Skifahren gehen oder Tourengeher seien. Bei den Skifahrern sitzen in der Regel mehrere Personen in einem Fahrzeug und wir möchten natürlich gerade Familien mit Kindern ermöglichen, dass sie nicht am letzten Ende des Parkplatzes parken. Ein einzelner Tourengeher tut sich da schon leichter beim Tragen seiner Skier, insofern versuchen wir hier eine gewisse Regelung vorzugeben.

BGLand: Funktioniert das denn?

Nicht immer, leider quetschen sich immer wieder Tourengeher an den Anweisern vorbei in eine der vorderen Lücken. Das sorgt dann bei manchem Skifahrer für ziemlichen Unmut. Es kam leider auch schon zu dem einen oder anderen Handgemenge, weil manche Tourengeher einfach ignorant sind. Leider bekommt dann den Ärger mein Personal ab, sowohl die Einweiser als auch die Kassenleute. Es kommt sogar so weit, dass Skifahrer dann einfach wieder nach Hause fahren und das ist für uns absolut geschäftsschädigend.

BGLand: Und das „Miteinander“ auf der Piste?

Auch hier gibt es leider zwei Gruppen, die unterschiedlicher nicht sein können. Während die verantwortungsvollen Tourengeher am Pistenrand hintereinander hinaufgehen, haben wir leider auch sehr viele Gruppen, die plaudernd nebeneinander laufen. Nicht nur zu Zweit, auch zu Dritt oder Viert. Das ist für die abfahrenden Skifahrer und die Tourengeher lebensgefährlich. Aber das ist leider nicht alles. Große Sorgen macht mir auch der Zustand der Fellwechselplätze.

BGLand: Weshalb?

Nun, es gibt dort keine Toilettenanlage, also erleichtern sich die Leute in der freien Natur. Und das in jeder Hinsicht. Das ist wahrlich kein schöner Anblick und mehr als nur eine Zumutung gegenüber Mensch und Tier.

BGLand: Apropos Tier – sind Hunde erlaubt beim Tourengehen?

Nein. Und gottseidank sind es auch mittlerweile weniger Hunde geworden. Auch wenn es nach wie vor einige unbelehrbare Halter gibt. Die Gemeinde hat ein Hundeverbot auf der Piste erlassen, es handelt sich hierbei immerhin um eine Sportanlage. Nicht nur, dass sich wie auf vielen Langlaufloipen die Sportler schon über Hundekot beschwert haben, vor allem, wenn sie gerade dort stürzen, wo die Hinterlassenschaften nicht entfernt wurde, ist es für die Hunde selber auch lebensgefährlich. Wir hatten schon einige Hunde mit durchtrennten Sehnen, das geht mit Skiern ganz fix und ist kein schöner Anblick.

BGLand: Also alles in Allem sprechen wir nicht über „romantisches und einsames Skitourengehen am Götschen“, was man eigentlich unter Tourengehen versteht?

Nein. Aber es ist fast schon ein teilweise unbelehrbarer Massentourismus entstanden, der auch der Natur schadet. Ich mache mir vor allem auch Sorgen um das Wildbret. In den 90ern, als die ersten vereinzelten Tourengeher abends noch eine kleine Runde gedreht haben, da habe ich Nachts beim Pistenpräparieren Rehe, Hirsche, Auerhahn & Co hinter meinem Gerät herspringen sehen. Die hatten keine Angst, das war ein Miteinander. Mittlerweile kommen aber fast schon aus allen Richtungen Massen an Sportlern den Berg hinauf. Häufig leider auch mitten durch das Unterholz, die Tiere haben einfach keinen Rückzugsort mehr.

BGLand: Thema Pistensperrungen zwecks Präparierung – das kann ja auch ganz schön gefährlich werden, wenn dann trotzdem Pistengeher unterwegs sind?

Natürlich. Die Geräte hängen häufig an Sicherungsseilen, die man Nachts nicht erkennt. Man erkennt aber deutlich die Scheinwerfer und Warnsignale, die signalisieren, dass man nichts auf der Piste zu suchen hat. Wir haben deutliche Hinweistafeln, auf denen man ablesen kann, zu welchen Uhrzeiten das Pistengehen erlaubt ist. Wir können diese Tafeln sogar per Telefonanruf steuern, damit sie mit Lichtsignalen die Pistensperrung signalisieren.

BGLand: Und das funktioniert?

Die Technik ja – der Mensch nein. Es gibt leider sogar solche Ignoranten, die mitten in einem Kinderskirennen meinen, sie müssen mitten durch die gesteckte Strecke marschieren. Unsere Mitarbeiter haben dann alle Hände voll zu tun, hier einzuschreiten und werden dann häufig noch blöd angemacht.

Worüber viele auch mal nachdenken sollten, in den Pistenraupen sitzen in der Regel junge Familienväter, die auch irgendwann mal nach Hause zu ihren Familien wollen. Außerdem ist es für so jemanden ein sehr belastendes Ereignis und eine erhebliche Belastung, wenn sie in einen Unfall mit ihrem Pistengerät verwickelt sind, selbst wenn das Opfer nur leicht verletzt ist. So etwas durch Ignoranz und Mißachtung ganz offensichtlicher Regeln zu provozieren ist unverantwortlich.

BGLand: Das bedeutet für die Zukunft?

Nun, ich bin kein genereller Skitourengegner. Im Gegenteil! Rudi Schaub, Willy Däubner und ich waren federführend dabei dafür zu sorgen, dass es in jedem Gebiet mindestens einen Tourenabend gibt, damit die Wintersportler diesem Sport bis 22 Uhr nachgehen können. Wir haben dazu sehr eng mit dem Alpenverein zusammengearbeitet, der schließlich auch die Tourengeherregeln aufgestellt hat. Wir waren dazu auch immer zu den Kuratorien am Berg eingeladen um dieses Thema zu behandeln.

Das Problem sind aber leider diejenigen die sich nicht an dieser Regeln halten. Es gibt immer mehr Skigebiete in Österreich, die Tourengehen generell verbietet. Das sorgt bei uns leider für einen stetig wachsenden Zulauf. Würden sich die Leute an die Regeln halten, wäre das kein Problem. Aber die unbelehrbare Masse schafft einfach Probleme. Hier wird es im neuen Jahr einige Gespräche mit der Gemeinde geben, wie wir zukünftig verfahren. Wenn mich jemand fragt, Tourengehen auf den Pisten „Ja“ oder „Nein“, dann muss ich leider sagen, wenn sich an dem Verhalten der Leute nichts ändert, dann kann ich mir das zukünftig finanziell bald nicht mehr leisten zu genehmigen.

So funktioniert´s mit dem Skitourengehen

Der Deutsche Alpenverein hat ein mehrseitiges Infoblatt mit Regeln und Tipps für Skitourengeher veröffentlicht und bietet diese auch zum download an. Wer sich lieber praxisbezogen informiert, der kann sich in einer Vielzahl von Kursen und Seminaren informieren. Der DAV hat 10 Regeln aufgestellt, um die Sicherheit beim Skitourengehen auf Pisten zu gewährleisten und gefährliche Situationen zu vermeiden.

Der DAV versteht sich heute – nach 150 Jahren Geschichte, um so mehr als Anwalt der Natur in den Bergen.

Da das Tourengehen immer beliebter wird, ist es umso wichtiger, dass die Leute sich nicht nur an die vorgegebenen Regeln halten, sondern auch einschätzen können, wo Schluss mit dem eigenen Können ist und der Schutz von Natur und heimischer Tierwelt beginnt“, so Stefan Höllbacher von der Wintersportschule Berchtesgaden, die mittlerweile den größten Tourenskiverleih in Berchtesgaden anbietet. „Wir bieten in unserem Skitourenpark eine Vielzahl von Kursen zum richtigen Tourengehen an. Dabei vermitteln Bergführer neben der richtigen Gehtaktik auch grundlegende Kenntnisse zum Verhalten am Berg, den richtigen Einsatz der Ausrüstung und natürlich auch zum fahrerischen Können

Unser neues Vorbild, „Ostwand König“ Heinz! Lediglich 411 mal hat er die Ostwand des Watzmann durchstiegen… zuletzt vor zwei Jahren :-O

Informationen zu den Skigebieten rund um Berchtesgaden

Familienskigebiet Obersalzberg

Das Familienskigebiet Obersalzberg bietet mit dem Salewa Skitourenpark speziell für Einsteiger verschiedene Routen an, die mit oder ohne Guide gegangen werden können. Leihausrüstung ist vorhanden, sowie die Möglichkeit sein Wissen in Kursen zu vertiefen. Dazu gehören Einstiegskurse ohne Vorkenntnisse bis hin zu abendlichen Tourengeherabenden in die umliegenden Hütten, die an unterschiedlichen Wochentagen spezielle Tourengeherabende veranstalten. Weitere Infos findet Ihr unter skilifte-obersalzberg.de

Skigebiet Götschen

Im Skigebiet am Götschen gibt es seit der Wintersaison 2017/2018 eine Tourengeher-Kasse. Ein Hinweisschild bittet um einen Spendenbeitrag in Höhe von 5 Euro für die Benutzung des Parkplatzes und die Pistenpräparierung. Skitouren sind auf den ausgewiesenen Strecken täglich bis 19 Uhr und Freitags bis 22 Uhr möglich. Außerhalb dieser Öffnungszeiten sind alle Pisten für Präparierungsarbeiten gesperrt. Die Mitnahme von Hunden ist nicht erlaubt. Weitere Infos findet Ihr unter goetschen.com

Skigebiet Hochschwarzeck

Die Rodelbahn Hirscheckblitz ist durchgehend für Skitourengeher gesperrt, da ansonsten unreparable Schäden entstehen. Die Hauptpiste vom Hirscheck ist ab 16:30 Uhr gesperrt, lediglich der unpräparierte Abschnitt bis zur Einmündung in die Hirscheck-Abfahrt ist zeitlich unbegrenzt freigegeben. Weitere Infos findet Ihr unter hochschwarzeck.info

Skigebiet Jenner

Während der Bauphase der Jennerbahn ist das komplette Gebiet mit Ausnahme der Hauptskiabfahrt IV im Winter 2017/2018 freier Skiraum. Das bedeutet, dieser ist nicht präpariert und nicht lawinengesichert. Weitere Infos findet Ihr unter jennerbahn.de

Skigebiet Roßfeld

Der Aufstieg erfolgt über ausgeschilderte DAV-Tourenskiwege, die Abfahrt erfolgt über die Talabfahrt. Mittwochs und Samstags ermöglichen Hütten-/Tourenskierabende die Pistenbenützung. Weitere Infos findet Ihr unter rossfeld.info

Skigebiet am Zinken/Bad Dürrnberg

Die Zinkenlifte Hallein/Bad Dürrnberg bieten eine ausgewiesene Tourengeherroute auf den Zinken und bis auf das Rossfeld. Das Parken kostet 4 Euro. Der Aufstieg auf der Skipiste und über die Piste des Oberen Zinken-Schleppliftes ist generell nicht erlaubt. Hunde dürfen an der Leine mitgenommen werden. An Wochenenden und Feiertagen, sowie während der Ferien sind die Parkplätze nur für Skifahrer. Die Pisten sind Montag bis Donnerstag von 8:30 Uhr bis 23 Uhr geöffnet und Freitag bis Sonntag von 8:30 Uhr bis 18 Uhr. Weitere Infos findet Ihr unter duerrnberg.at

Redaktion: Petra Sobinger, Eric Nicolaus
Bild-/Video-/ Textquelle: DAV, Eric Nicolaus, BGLand24.de (Interview)

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Pressestelle des DAV. Die vorgestellte Presseaktion wurde uns kosten- und bedingungslos ermöglicht.

Anmerkung der Redaktion (Eric Nicolaus):
Wer das obige Interview aufmerksam gelesen hat, die und den beschleicht eventuell ein Verdacht, welcher nicht von ungefähr kommen dürfte. Es scheint eine wachsende Anzahl an vermeindlichen Bergsportlern zu geben, die die Berge und alles was damit zusammenhängt, als eine Art „Bühne“ missverstehen, vor der sie ihren Bergsport-Egotripp abziehen können. Es gilt heute um so mehr, sich vor der Natur in Demut zu verneigen und die Vereinigung mit ihr zu suchen. Menschen die das nicht verstehen sei gesagt, dass sie in den Bergen und der Natur vielleicht einfach nichts verloren haben.


Petra Sobinger
petra.sobinger@be-outdoor.de
Alle Beiträge von Petra Sobinger | Website

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