Die finnische Kinderbekleidungsmarke Reima nimmt am EU-finanzierten Forschungsprojekt Trash-2-Cash teil. Das 2016 gegründete Konsortium aus Designern, Wissenschaftlern und Industriepartnern arbeitet zusammen, um aus Abfalltextilien neue High-End-Materialien zu gewinnen. Im Rahmen des Projekts Trash-2-Cash haben Reima-Designer mehrere Produktideen für recycelbare Kleidung entdeckt. So könnte die Kleidung aus Bestandteilen gefertigt werden, die zu neuen Kleidungsstücken wiederverwertet werden können, anstatt sie zu Down-Cycling-Produkten zu machen. Dabei geht es darum Produkte zu entwickeln, die zurück zu Polymeren und schlussendlich zu neuer Kleidung recycelt werden könnten.
Das Projekt umfasste die Untersuchung von Faser-Recycling in mehreren Schritten sowie die Beobachtung der Fasereigenschaften während mehrerer Nutzungszyklen. Aber nicht nur das: zusätzlich wurde eine Verbraucherumfrage durchgeführt, um die Einstellungen und Wünsche der Verbraucher zu untersuchen.
Master Case Produktgeschichten
Aus dem Projekt entstanden bereits Materialprototypen von sechs Master Case Produktgeschichten, die während der Dutch Design Week im Oktober 2018 präsentiert wurden.
„Eine Erkenntnis dieser Studie war, dass viele Verbraucher immer noch Zweifel an der Hygiene und Qualität von Post-Consumer-Textilien haben. Nachdem die Fasern jedoch vollständig aufgelöst und die Polymere wieder zu Fasern versponnen worden sind, hat das Material alle Spuren der vorherigen Verwendung verloren und kann ähnliche Haltbarkeit und andere Eigenschaften der Neumaterialen aufweisen“, erklärt Sari Perttunen, Chief Creative Officer im Produktdesign-Team von Reima.
Drei Innovationen für Kinderkleidung – auch relevant für Erwachsene Die aus den Forschungen resultierenden sechs Master Case-Geschichten beinhalten Kunststoffplatten für die Automobilindustrie, ein Zero-Waste-Shirt (Musterherstellung, Layout und Recycling von Schneidabfällen und Endprodukten), recycelbare Regenbekleidung, Zellulosevlies, elastisches Denim ohne Elastan sowie recycelbare Unterwäsche mit Feuchtigkeitsregulation. Reima-Designer nahmen an der Erstellung von vier Master-CaseStories teil, von denen drei bemerkenswerte Designinnovationen darstellen.
1. Wie kann man Regenbekleidung recycelfähig und ökologischer machen?
Der Print der Jacke sieht aus wie Baumrinde. Entwurf von Kira Uschanov, Reima.
Herkömmliche „gummiähnliche“ Regenbekleidung ist aufgrund ihrer PVC- oder PU-Beschichtung nicht recycelbar. Die Arbeitsgruppe experimentierte schließlich mit einem gewebten, recycelbaren 100% Polyestergewebe, das mit einer recycelbaren PURHarzbeschichtung veredelt worden war. Das Harz wurde vom Trash-2-Cash-Partner Cidetec aus recycelten Polyesterpellets von Calanese, Italien, entwickelt. In Kombination mit dem Textil entsteht so ein flexibler Verbundstoff. Das Harz kann leicht aus dem Stoff extrahiert werden, Harz und Stoff getrennt recycelt werden.
2. Künstliche Zellulosefasern ersetzen Fasern auf Erdölbasis
Die Nachfrage nach Textilfasern steigt aufgrund des allgemeinen Bevölkerungswachstums und der verbesserten Lebensstandards rasant an. Die Produktion von Baumwolle kann nicht erhöht werden, da für den Anbau große Flächen benötigt werden und für die Bewässerung enorme Wassermengen erforderlich sind. Auch für Synthesefasern werden dringend Alternativen gesucht, da davon auszugehen ist, dass sie zur Microplastik-Verschmutzung der Wasserstraßen, Ozeane und Nahrungsketten beitragen.
Ionzell ist ein auf Zellulose basierendes Material, das von der Universität Helsinki entwickelt wurde. Für diesen Master-Case entwickelte die Aalto University das Verfahren weiter: Baumwollabfälle wurden zerkleinert, aufgelöst und versponnen, um die Beständigkeit des blauen Farbstoffs in den Polymeren zu untersuchen.
Die Fasern wurden an der Technischen Universität Tampere gesponnen und in Aalto verstrickt, Da es keine Möglichkeit gab, das Material zu bürsten, wurde der hellblaue Prototyp noch nicht gebürstet. Zu Demonstrationszwecken wurde das weiße Produkt-Sample aus kommerziellen, gebürsteten Tencel-Fasern hergestellt.
Dr. Elina Ilén, früher Teil des Reima-Teams und heute Forscherin an der Aalto University, leitete die interdisziplinäre Arbeit zwischen Design und Rohstoffproduktion im Trash-2-CashProjekt. Sie fasst die Möglichkeiten der Fasern, die in diesem Master Case entwickelt worden, wie folgt zusammen:
„Um die technischen Eigenschaften eines Polyestervlieses zu erreichen, wie zum Beispiel Feuchtigkeitsabsorption und schnelles Trocknen kann den Ionzellfasern eine wasserabweisende Substanz zugesetzt werden. Wenn das Nähgarn, die Besätze und Etiketten ebenfalls auf Zellulose basieren, ist das gesamte Kleidungsstück zu 100% recycelbar. Während jeder neuen Recyclingschleife der Zellulosefasern können ihre Eigenschaften verändert werden.“
3. Können wir recycelbare dehnbare Stoffe ohne Elastan entwickeln?
Heute sind Endverbraucher an elastische Materialien gewöhnt, die mehr Bewegungsfreiheit bieten als herkömmliche, nicht dehnbare – zum Beispiel der mittlerweile so beliebte Stretch-Denim. Sobald sich Elastan zwischen den Fasern befindet, können sie leider nicht mehr recycelt werden. Strukturiertes, (verdrehtes) Polyester erwies sich als praktikable Lösung. Wenn das Material recycelt wird, ist es jedoch schwieriger, die gewonnene Faser wieder zu kräuseln, so dass eine Rückführung auf ein völlig identisches elastisches Gewebe nicht möglich ist. Bei diesem Prototyp wurden Metallbefestigungselemente verwendet, aber als Monomateriallösung, Reißverschluss und Knopf wurden aus Kunststoff hergestellt und können somit zusammen mit dem Stoff recycelt werden.
Das Trash-2-Cash Konsortium
In den letzten drei Jahren haben Designer aus Wissenschaft und Industrie mit Forschern und Ingenieuren zusammengearbeitet, um neue Materialien aus Textilabfällen herzustellen. Die 18 Partner aus 10 Ländern präsentieren nun sechs brandneue Materialprototypen, bestehend aus neuen, recycelten und recycelbaren Bekleidungs- und Automobilmaterialien und dazugehörigen Konzepten.
Mit Design-Driven Material Innovation (DDMI) teilt das Projekt außerdem eine neue Arbeitsweise, die darlegt, wie Wissenschaft, Design und Industrie von Anfang bis Ende in den Prozess integriert werden können.
Trash-2-Cash ist ein Partnerprojekt folgender Organisationen:
- Aalto University, Finnland
- IK4-CIDETEC Technology Centre, IK4 Research Alliance, Spanien
- The Copenhagen Business School (CBS), Dänemark
- Grado Zero Innovation (GZI), Italien
- MAIER, Spain
- Material ConneXion® Italia Srl, Italien
- Reima, Finnland
- RISE Research Institutes of Sweden
- Celanese, Italien
- SOEX, Deutschland
- SÖKTAŞ, Türkei
- Swerea, IVF, Schweden (ab 1.Oktober 2018, RISE, Schweden)
- TEKO, Schweden
- Tekstina, Slovenien
- University of the Arts London (UAL), UK
- VanBerlo, Niederlande
- VTT, Finnland
Quelle: Reima / Silk-Relations