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4. September 2025 | Lesezeit ca. 6 Min.

#Stelviohistoricaltrek – Historisch-alpiner Wandertipp bei Bormio

Wandertipp für Geschichtsinteressierte und Bergsportfreunde

Wer sich mit der Region rund um das Stilfser Joch schon einmal beschäftigt hat oder vielleicht auch selbst schon einmal vor Ort wandern war der weiß, die Spuren des Ersten Weltkriegs – des „Großen Krieges“ – sind in diesem Gebiet und rund um den Monte Scorluzzo besonders lebendig. Bunker, Schützengräben, Festungen und Stellungen prägen die Landschaft dort bis heute und machen die Region zu einem beeindruckenden Erinnerungsraum.

Am Monte Scorluzzo, oberhalb des Stilfser Jochs, verlief eine der strategisch bedeutendsten Linien der Front. Schon zu Beginn des Krieges überrannten österreichisch-ungarische Truppen im Juni 1915 die Spitze – die Italiener hatten sich zurückgezogen – und befestigten das Gebiet massiv.

Überbleibsel wie MG-Stellungen, Gewehrposten und Höhlenunterkünfte sind heute noch sichtbar. In schier unmöglicher Höhe – mit Temperaturen bis zu minus 30 °C – lebten und kämpften Soldaten in provisorischen Unterständen auf den zerschlissenen Bergflanken, bis der Krieg endete.

Einen guten Überblick über diese geschichtsträchtigen Wege vermittelt die geplante Wanderung „Escursione Monte Scorluzzo – retracing the White War“, die entlang von Trümmern, Schützengräben und Stellungen verläuft und zugleich grandiose Natur bietet. Diese Orte stehen heute im Nationalpark Stilfserjoch, wo auch Reste der Linien sichtbar bleiben.

(c)be-outdoor.de - Petra Sobinger - Hiking_Stelvio_Historical Trek / Passo Stelvio
(c)be-outdoor.de – Petra Sobinger – Hiking_Stelvio_Historical Trek / Passo Stelvio

Die Rundtour: Vom Stilfser Joch über Monte Scorluzzo ins alpine Dorf Filon dei Mont

Startpunkt: Stilfser Joch – eine Straße mit Geschichte

Die Rundtour beginnt an der Passhöhe des Stilfser Jochs (Passo dello Stelvio, 2.757 m) – dem höchsten asphaltierten Alpenpass nach dem Ausbau fertiggestellten Pässen. Errichtet zwischen 1820 und 1825 unter österreichischer Ägide, war die Straße ein Symbol technischer Meisterleistung und strategischer Bedeutung. Schon in römischer Zeit diente der Übergang als wichtiger Saumweg, später nutzten in der frühen Neuzeit Truppen die Route für Kriegsbewegungen.

Heute markiert der Passpunkt den Auftakt einer außergewöhnlichen Wanderung. Hier treffen Überreste des Ersten Weltkriegs – wie Trichter, Schützengräben und ein Ossario mit Grabstätte von 64 Soldaten – auf alpine Schönheit und technische Geschichte.

Aufstieg zum Monte Scorluzzo

Von der Passhöhe führt Wanderpfad S506 steil hinauf zum Gipfel des Monte Scorluzzo (3.095 m). Der Gipfel ist in etwa 2 bis 2,5 Stunden erreichbar – ein „leicht machbarer Dreitausender“, wie Outdoor-Enthusiasten ihn gerne nennen. Bereits beim Aufstieg fallen die zahlreichen Relikte militärischer Befestigungen ins Auge: Gewehrnester, Maschinengewehrstellungen und Ruinen ehemaliger Beobachtungsanlagen – Zeugen der rauen Zeit.

Vom Gipfel bietet sich ein Panorama auf den Stelvio-Pass und die umliegenden Gipfel wie den Ortler, und die Spuren der Front sind greifbar – ein intensiver Moment zwischen Natur und Geschichte.

Abstieg zu den Filon dei Mont – „ein kleines Machu Picchu der Alpen“

Beim Abstieg vom Monte Scorluzzo betritt man bald den Bereich des Filone del Mot (Filon dei Mont), wo sich ein sogenanntes „alpines Dörfchen“ befand – im damaligen Kriegsjargon liebevoll als „Machu Picchu der Alpen“ bezeichnet. Dort waren Soldaten – teilweise ganze Kompanien – stationiert. Fundamente von Unterkunftsgebäuden, Küchenbarracken und Versorgungsanlagen sind noch sichtbar. Und die längst vergangene Geschichte wird schnell wieder vor dem inneren Auge sichtbar.

Dieser Ort wurde übrigens über eine Seilbahn aus dem Valle Braulio versorgt – ein beeindruckendes Zusammenspiel von logistischer Planung und ingenieurischem Aufwand hoch oben in den Bergen.

Wer diese Route folgt, durchschreitet heute eine Landschaft voller Spuren: Erdbauten, Mauern, Altäre der Erinnerung – eingebettet in stille alpine Höhen. Die Wege führen schließlich zur Malga Scorluzzo und weiter über den Pfad S505 zurück zur III Cantoniera und schließlich zur Passstraße.

(c)be-outdoor.de - Petra Sobinger Stelvio Historical Trek Bormio
(c)be-outdoor.de – Petra Sobinger Stelvio Historical Trek Bormio

Geschichte des Dorfes Filon dei Mont und der Kriegsereignisse

Das Dorf Filon dei Mont, im Rang eines bergstrategischer Stützpunkt, war weit mehr als eine Frontlinie – es war eine funktionierende kleine Gemeinschaft der Kriegsteilnehmer. Die Soldaten lebten in improvisierten Hütten, versteckt in Höhlen und Felsnischen, lebten und kämpften bei extremen Bedingungen, Jahr für Jahr, und verwandelten den Fels in ihr Zuhause in der Fremde.

Diese Bergdörfer dienten als Rückzugsort, Rückgrat logistischer Versorgung und Kommunikationsknotenpunkte. Zahl und Art der Gebäude lassen vermuten, dass ganze Kompanien hier wohnten. Die Küche, Schlafräume, Verkehrsflächen – alles wurde in Stein und Fels geritzt, um Schutz zu bieten.

Die Kämpfe rund um Monte Scorluzzo und Filon dei Mont gehörten zu den härtesten Gebirgsschlachten des Alpenkriegs. Italienische und österreichische Truppen wechselten mehrfach die Kontrolle, und kleine Einheiten riskierten alles – oft bei Temperaturen um minus 30 °C, in Felsunterkünften und ohne nennenswerte Versorgung.

Die Front war kleinräumig, aber gnadenlos – jeder Meter war umkämpft. Trummschüße, Erschöpfung, Lawinengefahr – der Krieg hier war Alltagsrealität. Am Ende blieb ein Ort voller Stille – aber auch voller Erinnerung: Jeder Stein, jede Höhle erzählt von Mut, Angst und dem unbändigen Willen zu überleben.

Emotionaler Abschluss der Tour

Wer diese Rundwanderung geht – vom Stilfser Joch über Monte Scorluzzo und Filon dei Mont – erlebt mehr als Natur: Er begegnet Geschichte, die unter jedem Schritt mitschwingt. Die Mischung aus Belohnung (Panorama) und Ehrfurcht (Geschichte) macht diese Tour zu einem einzigartigen Erlebnis, ein Spaziergang zwischen Himmel und Erinnerung.

Am Pass angekommen, blickt man nicht nur auf die schneebedeckten Alpen, sondern auf eine Zeit, in der dieser Ort nicht touristisches Ziel war, sondern unbarmherziger Schauplatz menschlicher Tragödien. Und doch: Aus den Ruinen wächst heute ein Gefühl der Versöhnung – mit der Natur, der Vergangenheit und sich selbst. Wer mit dem Gedanken spielt in dieser Region wandern zu gehen, der sollte diese Tour definitiv nicht verpassen! Der spannende Mix aus greifbarer Vergangenheit und aktueller panoramareicher Gegenwart ist ein „Must-Go“ für alle die nicht nur gerne wandern, sondern auch in die Geschichte der Region eintauchen wollen.

Kleiner Tipp: Für kleine Kinder ist diese Tour nichts, aufgrund einiger Gipfelpassagen, die seilversichert sind und Trittsicherheit erfordern. Auch für Vierbeiner ist diese Tour nur begrenzt empfehlenswert, es sei denn das Team ist gut aufeinander abgestimmt und der Hund erfahren und versiert genug, auch steile Passagen ohne Hampelei zu absolvieren.

Weitere Lesetipps über unseren Aufenthalt in Bormio


Petra Sobinger
petra.sobinger@be-outdoor.de
Alle Beiträge von Petra Sobinger | Website

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